Autokartell aufgedeckt – Automobilindustrie steht vor einem gewaltigen Skandal

VW, Mercedes & Co. manipulierten jahrzehntelang den Wettbewerb

Offenbar war der Abgasskandal nur die Spitze des Eisbergs. Neuen Enthüllungen des Nachrichtenmagazins Spiegel zufolge wurden die Geschicke der deutschen Automobilindustrie seit den Neunziger Jahren durch ein Kartell gelenkt. An dem Kartell beteiligt waren die fünf größten Autobauern, VW, BMW, Mercedes, Porsche und Audi. Die illegalen Vereinbarungen betrafen unter anderem die Preise für Bauteile, die Auswahl der Zulieferer und die Modalitäten technischer Neuerungen.

Kartell legt Grundlage für den Abgasskandal

Auch der Abgasskandal ist auf das Kartell zurückzuführen. Gemeinsam hatten sich die großen Fünf aus Kostengründen auf den Einbau kleinerer AdBlue-Tanks geeinigt. AdBlue ist das Harnstoffgemisch, dass für die Verarbeitung von Stickoxiden eingesetzt wird. Da aber mit der geringeren AdBlue Menge die Abgase nicht ausreichend gereinigt werden konnten, wurde die Messsoftware manipuliert.

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VW und Daimler zeigen sich selbst an

Die Kartellbehörden waren den illegalen Absprachen offenbar schon seit dem letzten Sommer auf der Spur. Nachdem sich die Indizien für die Wettbewerbsverstöße verdichtet hatten, erstattete VW eine Art Selbstanzeige bei dem Bundeskartellamt. Mercedes folgte dem größten deutschen Autobauer und meldete ebenfalls seine Verwicklung in das Kartell. Durch diesen Zug erhoffen sich die Hersteller geringere Strafen. Und diese Strafen dürften sehr hoch ausfallen. Sie könnten die erst kürzlich im LKW-Kartell von der EU-Kommission verhängten Geldbußen in Höhe von 2,93 Mrd. Euro übertreffen. Auch an diesem Kartell war übrigens Mercedes wie auch VW mit seinen Töchtern MAN und Scania maßgeblich beteiligt.

Autokäufern könnten Schadensersatzansprüche zustehen

Kartellverstöße sind kein Kavaliersdelikt. Betroffenen stehen nach dem Gesetz Ansprüche auf Ersatz des erlittenen Schadens zu. Anders als bei dem Abgasskandal sind dabei nicht nur Dieselfahrzeuge, sondern wahrscheinlich sämtliche PKWs der benannten Hersteller betroffen.

Nun müssen die Ermittlungen der Kartellbehörden abgewartet werden. Erst in den nächsten Monaten wird sich zeigen, welche Schäden das Kartell beim Endkunden tatsächlich verursacht hat und wie diese Schäden in Geld zu bemessen sind.

Unterstützung bei der Durchsetzung ihrer Rechte bietet den Betroffenen die erst im Juni 2017 verabschiedete 9. Novelle des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb. Das erklärte Ziel des Gesetzgebers bei der Novellierung war es, die private Rechtsverfolgung zu stärken. Kartellrechtsverstöße sollten nicht mehr alleine durch Geldbußen geahndet werden. Mit dem neuen Gesetz wurde auch betroffenen Endabnehmern die Möglichkeit eröffnet, ihre Ansprüche unter vereinfachten Bedingungen geltend zu machen.

Wichtige Neuerungen der 9. GWB-Novelle

Zu den wichtigsten Aspekten des neuen Gesetzes gehört die Aufstellung einer (widerleglichen) Vermutung, wonach ein Kartellverstoß einen Schaden verursacht. Darüber hinaus können Betroffene einfacher Einsicht in die Ermittlungsakten nehmen, auch die Beweisführung wurde erleichtert. Darüber hinaus stattete der Gesetzgeber die Gerichte mit der Kompetenz aus, den durch das Kartell verursachten Schaden zu schätzen. Ferner wurde die kenntnisabhängige Verjährungsfrist von drei auf fünf Jahre verlängert.

Autokartell aufgedeckt – Nächster großer Skandal

Bild von einem Mercedes AMG

Nach dem Gesetzt steht den Geschädigten bei einem Kartellverstoß ein Ersatz zu.

Allerdings sind zahlreiche Kunden nicht alleine auf ihre kartellrechtlichen Ansprüche angewiesen. Eine weitere, sehr effektive Möglichkeit, sich von dem betroffenen Fahrzeug ohne finanzielle Verluste zu trennen, bietet der Widerrufsjoker. Darunter versteht man die Möglichkeit der Rückabwicklung des Autokaufs mithilfe des Widerrufs der entsprechenden Autofinanzierung.

Denn eine Großzahl der Kreditverträge unterschiedlichster Herstellerbanken enthalten fehlerhafte Widerrufsinformationen. Wurde ein Verbraucher aber nicht ordnungsgemäß über seine Rechte belehrt, so kann er sich durch einen Widerruf auch Jahre nach dem Vertragsabschluss nicht nur von der Autofinanzierung sondern gleich auch von dem finanzierten, gebrauchten Fahrzeug trennen.

Für Verträge aus der Zeit nach dem 13.06.2014 gilt eine besonders verbraucherfreundliche Regelung. Hier müssen betroffene Kunden nach einem Widerruf keine Entschädigung für die gefahrenen Kilometer zahlen. Mit unserem Rückabwicklungsrechner können Betroffene herausfinden, wie sie bei einem Widerruf ihrer Autofinanzierung stehen würden.

Fazit zum Diesel-Kartell

Die gesamten Auswirkungen des Kartells sind in ihrem Ausmaß noch gar nicht abzusehen. Die wirtschaftlichen Schäden werden die Folgen des Abgasskandals höchstwahrscheinlich weit übertreffen. Über eines herrscht allerdings schon jetzt Klarheit: die rechtswidrigen Absprachen haben das ohnehin angeknackste Image der Automobilindustrie stark geschädigt. Es bleibt ungewiss, wie die Traditionsunternehmen das erschütterte Vertrauen der Kunden wiedergewinnen wollen.

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