Bundesverfassungsgericht gewährt VW Aufschub – Kunden müssen warten

Dieselskandal – Staatsanwaltschaft darf Akten vorerst nicht auswerten

Die Nachrichten um den Abgasskandal reißen nicht ab. Seit einiger Zeit ermittelt die Staatsanwaltschaft München II wegen Betrugs und strafbarer Werbung im Zusammenhang mit der VW-Tochter Audi. Da kam es gelegen, dass VW selbst umfangreiche Ermittlungen durch eine Kanzlei in Auftrag gegeben hatte. Die von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmten Unterlagen dürfen zunächst jedoch nicht ausgewertet werden – so entschied es jetzt das Bundesverfassungsgericht.

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Beschwerde wegen Beschlagnahme interner Ermittlungsakten

Auch VW scheint Interesse an einer Aufklärung der Vorgänge zu haben. Zumindest stärkt eine Kenntnis der genauen Abläufe und Angriffspunkte der Ermittlungsbehörden die Verfahrensposition. Wegen eines in den USA geführten Ermittlungsverfahrens beauftragte der Konzern die international agierende Kanzlei Jones Day. Ihre Aufgaben sollten neben der Durchführung von Ermittlungen auch die rechtliche Beratung und Vertretung vor den Strafbehörden sein.

Seit September 2015 liefen die Ermittlungen der Kanzlei und umfassten unter dabei mehr als 700 Befragungen von Mitarbeitern. Am 15. März diesen Jahres wurden dann die Räume der Kanzlei im Auftrag der Münchner Staatsanwaltschaft durchsucht. Bei dieser Gelegenheit beschlagnahmte man zahlreiche Unterlagen. Die VW AG und die sachbearbeitenden Anwälte gingen hiergegen vor – mit scharfem Schwert. Sie legten Verfassungsbeschwerden wegen Verletzung ihrer Rechte aus der Unverletzlichkeit der Kanzleiräume, Verletzung der Berufsausübungsfreiheit und des Persönlichkeitsrechts ein. Gleichzeitig beantragten Sie den Erlass einer einstweiligen Anordnung, wonach die Auswertung der sichergestellten Unterlagen und Daten bis zu einer Entscheidung über die Verfassungsbeschwerden ausgesetzt werden soll. Mit Erfolg. Durch eine Auswertung entstünde ein irreparabler Schaden, war der Tenor des Bundesverfassungsgerichts.

Bundesverfassungsgericht: Risiko des Vertrauensverlusts

Die Richter mussten hier eine Abwägung vornehmen. Darf die Staatsanwaltschaft die Unterlagen auswerten, obwohl noch nicht final darüber entschieden wurde? Oder ist dies auszusetzen, bis feststeht, ob eine Auswertung verfassungswidrig ist?

Eine einstweilige Anordnung, die die Auswertung der beschlagnahmten Daten verbietet, sorgt in der Regel nur für eine Verzögerung der Ermittlungen. Hingegen würde eine Auswertung der Daten das Vertrauen des Mandanten VW, aber auch das anderer Mandanten in die sachbearbeitenden Anwälte der Kanzlei Jones Day erschüttern. Eine Auswertung der Ermittlungsakten könnte der Staatsanwaltschaft außerdem Zugang zu Informationen ermöglichen, die nur aufgrund des Mandats in die Sphäre der Kanzlei gelangt sind. Als Mandantin hat die VW AG Entscheidungsmacht über diese Informationen. Die Auswertung birgt weiterhin das Risiko, dass die Daten unbeteiligter Dritter in die Hände der Staatsanwaltschaft gelangen. All diese Erwägungen hat die Dritte Kammer des Zweiten Senats dazu bewogen, zugunsten der Antragsteller zu entscheiden. Die Folge: Die beschlagnahmten Dokumente dürfen vorerst nicht ausgewertet werden. Sie müssen beim Amtsgericht hinterlegt werden – für längstens sechs Monate.

Konsequenz für den Verbraucher – Verschlechterte Position

Was für den Verbraucher zunächst nur nach einem Kampf der Großen vor einem hohen Gericht mit geringer Relevanz klingt, hat direkte Auswirkungen auf die Geltendmachung seiner Rechte. Jeder Ermittlungserfolg in Hinblick auf den Abgasskandal verbessert die Position des Autokäufers – gerade weil VW hierzulande sämtliche Ansprüche negiert. Dass die Münchner Staatsanwaltschaft die beschlagnahmten Unterlagen nun nicht heranziehen darf, verzögert die Ermittlungen. Zwar bewertete das Bundesverfassungsgericht die Ermittlungsverzögerungen als weniger schwerwiegend als die irreparablen Schäden im Mandantenverhältnis zwischen VW und Jones Day. Für Dieseleigentümer wiegt dieser Eingriff dennoch schwer. Aktuell wollen viele ihren Diesel loswerden, denn es drohen erhebliche Wertverluste.

Eine Klage auf Schadensersatz oder Rückabwicklung des Kaufvertrages hat logischerweise höhere Erfolgsaussichten, je mehr Anhaltspunkte und Beweise für ein betrügerisches Verhalten des Konzerns existieren. Dementsprechend haben die strafrechtlichen Ermittlungen und deren Fortgang empfindliche Auswirkungen für den VW-Kunden.

Die Alternative: Widerruf

Bild von einer Diesel Zapfsäule

Sie können den Hersteller auf Schadensersatz verklagen. Was nach einem großen juristischen und finanziellen Risiko klingt, muss weder rechtlich noch finanziell riskant sein.

Schadenersatzforderungen wegen des Abgasskandals stellen allerdings nur eine von mehreren möglichen Alternativen für Betroffene dar. Dabei spielt der Großkonzern, der in den USA Vergleiche in Milliardenhöhe geschlossen hat, in Deutschland auf Zeit und lehnt die geltend gemachten Ansprüche allesamt ab. Autokäufern, die ihren Wagen über die Herstellerbank finanziert haben, bietet sich eine weitere Chance, gegen VW vorzugehen. Mittel der Wahl ist hier der sogenannte Widerrufsjoker. Dieser gibt dem Käufer die Möglichkeit, sich auch noch im Nachhinein vom Finanzierungs- und Kaufvertrag zu lösen. Hat die Herstellerbank den Vertragspartner fehlerhaft belehrt, kann dieser auch Jahre nach Vertragsschluss widerrufen.
In der Folge wird der gesamte Vertrag rückabgewickelt – der Käufer gibt den Wagen zurück und erhält sämtliche Zahlungen rückerstattet.

Gerade wer den Finanzierungsvertrag nach dem 13.06.2014 abgeschlossen hat, kann hiervon profitieren. Dann fällt nämlich keine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer an. Auch für die älteren Verträge kann ein Widerruf sich rentieren. Gerade vor Angesicht der jüngsten Entscheidung des BVerfG ist dies eine lohnende Option.  Schließlich ist ein etwaiges Widerrufsrecht vollkommen unabhängig von den Ermittlungen der Münchner Staatsanwaltschaft und den Entwicklungen im Abgasskandal.

Gerne prüfen wir Ihren Finanzierungsvertrag im Rahmen unserer kostenfreien Erstberatung. Unsere Kanzlei ist auf dem Bereich des Widerrufsrechts spezialisiert und greift auf einen großen Erfahrungsschatz zurück. Für eine erste Einschätzung Ihres Rückzahlungsanspruchs können Sie unseren Widerrufsrechner verwenden. Gerne können Sie Ihre Unterlagen bequem mit ihren Kontaktdaten über unseren Upload hochladen. Unsere qualifizierten Mitarbeiter beraten Sie anschließend ausführlich zu Chancen und Risiken eines Widerrufs.

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