Restschuldversicherung – es ist nicht alles Gold was glänzt
Für die Täuschung verantwortlich – und hier ist dem OLG München recht zu geben – ist nicht der Händler, sondern der VW-Konzern.
Ein Großteil der Hersteller konzentriert sich schon lange nicht mehr nur auf die Herstellung und den Verkauf von Fahrzeugen. Viele bieten dem Kunden auch die Möglichkeit der Finanzierung der Fahrzeuge an. VW zum Beispiel offeriert unter dem Namen „Volkswagen Financial Services“ die Finanzierung über die hauseigene Bank. Ein Angebot, das viele Kunden gerne nutzen, erspart es ihnen doch die umständliche Suche nach dem richtigen Darlehensgeber. Der Konzern verdient so auch an den Kosten der Finanzierung und der Verzinsung Zinsen.
Häufig wird dem Kunden allerdings im Rahmen der Kreditvergabe ein zusätzliches Finanzprodukt angeboten, welches den Verbraucherschützern seit Längerem ein Dorn im Auge ist. Die Rede ist von der Restschuldversicherung.
Dabei handelt es sich um eine zusätzliche Absicherung, um den Finanzierungskunden im Falle von Tod oder Arbeitsunfähigkeit gegen den Ausfall der Raten abzusichern. Manche Herstellerbanken bieten die Versicherung selber an, andere haben Partner, deren Versicherung sie vermitteln. Im Gegenzug erhalten sie eine Provision.
In jedem Falle lohnt sich die Restschuldversicherung für die Herstellerbanken – für die Kunden zumeist aber nicht.
Verbraucherzentralen bezeichnen die Restschuldversicherung als „nutzlos“, für viele Konstellationen ist eine Eintrittspflicht nämlich im Kleingedruckten ausgeschlossen. Verbraucher können sich zwar im Vorhinein informieren – das Internet enthält viele einschlägige Artikel, die vom Abschluss einer Restschuldversicherung abraten. VW Financial Services und andere Herstellerbanken wählen jedoch oft alternative Begriffe – wie etwa „Kreditschutzbrief“. Diese alternative Bezeichnung hat zur Folge, dass Kunden die Einschätzung des Zusatzangebotes erschwert wird.
Nicht nur Hersteller-Banken betroffen
Dass Konzerne gelegentlich ihre Übermacht dem Verbraucher gegenüber ausnutzen, ist kein Geheimnis. Die aktuellen Verfehlungen von VW und Mercedes steht hier nur pars pro toto für eine lange Reihe an Wirtschaftsskandalen. Nicht nur die hauseigenen Banken der Automobilhersteller fallen durch fragwürdige Handlungsweisen auf. Im gesamten Bankensektor sind „Projekte“ zu beobachten, die dem jeweiligen Institut weitaus mehr nützen als dem Kunden.
Zwar ist es selbstverständlich, dass auch Banken profitorientierte Unternehmen sind, für deren Bestehen Wachstum von essentieller Bedeutung ist.
Jedoch haben die „Angebote“ im Extremfall existenzgefährdende Konsequenzen. Beispiele hierfür sind nicht nur die Schrottimmobilien und geschlossene Fonds als „wohl schlechteste Geldanlage der Welt“, sondern auch fehlerhafte Zinsanpassungen und Bausparverträge, deren Abschlussgebühr den Guthabenzins auffrisst.
Die Instrumente des Verbrauchers
Doch wie kann ein Verbraucher sich gegen die scheinbar übermächtigen Konzerne wehren? Ein Blick ins Ausland lohnt sich hier. Das Rechtssystem der USA sieht im Gegensatz zum deutschen Rechtssystem das Instrument der Sammelklage vor. Der Einzelne hat so die Chance, seine Rechte als Teil einer größeren Gruppe von Betroffenen geltend zu machen – eine starke Vereinfachung, die die Rechtsverfolgung schneller und effizienter macht. Nicht ohne Grund hat sich VW in den USA auf großzügige Vergleichszahlungen von 10.000 Dollar pro Käufer eingelassen. Hierzulande gibt es das Instrument der Sammelklage nicht. Sämtliche Bemühungen, ein vergleichbares Modell einzuführen, sind bisher gescheitert.
Aber auch ohne das Instrument der Sammelklage hat der Verbraucher Möglichkeiten und vor allem Ansprüche. Etwa Ansprüche auf Schadensersatz oder Nachbesserung, Rücktritts- oder Widerrufsrechte – das Gesetz bietet dem Verbraucher zahlreiche Schutzrechte und Ansprüche. Schon lange versucht der deutsche Gesetzgeber die Position der Verbraucher zu stärken – etwa durch hohe Anforderungen an Widerrufsbelehrungen, die Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie oder die anstehende Änderung des Mängelgewährleistungsrechts. Allein die Durchsetzung ist in derartigen Konstellationen aufwändiger als in den USA. Dies ist jedoch kein Grund auf die zurecht bestehenden Ansprüche zu verzichten. Denn auch in Deutschland kann jeder zu seinem Recht kommen.
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