Preisabsprachen könnten zu Rückzahlungen führen

Schadensersatzansprüche aus dem Autokartell?

Die Negativ-News über Autobauer, Dieselskandal und Fahrverbote reißen nicht ab. Beinah täglich gibt es neue Erkenntnisse oder weitere Hersteller, bei denen manipulierte Software entdeckt wird. Dass nun ein Kartell zwischen den Automobilriesen aufgedeckt wurde, ist nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass illegale Abschaltsoftware bei einem Hersteller nach dem anderen gefunden wird. Was für viele schon kein Zufall mehr sein konnte, hat sich wenig überraschend als eine Häufung kartellrechtswidriger Absprachen entpuppt. Aber welche Rechte haben betroffene Verbraucher? Steht ihnen wegen des Kartells ein Schadensersatzanspruch zu?

Deutschland – das Land der Kartelle

Um diese Frage zu beantworten, scheint ein Blick auf frühere Kartelle in der deutschen Geschichte hilfreich.

Das Wurstkartell

Da wäre zum einen das Wurstkartell: 2014 wurde bekannt, dass 21 Wursthersteller – darunter Marken wie Meica, Herta und Rügenwalder – geheime Absprachen getroffen haben. Über Jahre hinweg wurden die Preisspannen für Brühwurst und Schinken verhandelt. Insgesamt wurden Bußgelder in Höhe von 338 Millionen Euro verhängt.

Grundsätzlich steht Geschädigten eines Kartells Schadensersatz zu. Unternehmen können sich insbesondere auf einen Schadensersatzanspruch aus § 33 des Gesetzes gegen wettbewerbsbeschränkende Maßnahmen (GWB) berufen. Für Händler sieht es hier durchaus gut aus, der Kunde aber bleibt auf der Strecke. Denn er müsste sowohl die kartellbedingte Preiserhöhung, als auch die Weitergabe erhöhter Preise an ihn als Endverbraucher beweisen. Ein weiterer Faktor, der von einem Vorgehen gegen die Kartellanten abhält ist der vergleichsweise geringe Schaden. In der Regel wird es um Centbeträge gehen, für die wohl niemand einen aufwendigen Prozess in Kauf nimmt.

Weitere Kartelle in der Lebensmittelbranche

Doch nicht nur in der Fleischindustrie waren illegale Gewinn-Maximierungsmaßnahmen festzustellen. Es scheint fast so, als sei beinahe die gesamte Lebensmittelbranche betroffen. 2014 belegte das Bundeskartellamt namhafte Bierbrauer mit Bußgeldern in Höhe von 106,5 Millionen Euro. 2012 waren elf Süßwarenhersteller an der Reihe. Mitte 2013 flog ein großes Kartoffel- und Zwiebelkartell auf und 2011 traf es die Kaffeebranche. In den Medien bekannt wurde außerdem das Zuckerkartell. All diese Verstöße gegen das Kartellrecht haben allerdings eines gemeinsam. Für den Verbraucher ist im Einzelnen nur ein geringfügiger Schaden entstanden. Schließlich werden die preislichen Abweichungen bei Wurst, Zucker, Kartoffeln und Co. typischerweise nie mehr als ein paar Cent betragen. Deswegen stand es nie zur Debatte, ob man nun gegen die Kartellanten vorgehen und Schadensersatz fordern kann.

Das LKW-Kartell

Anders sieht es hingegen bei Produkten aus, die von sich aus einen höheren Warenwert haben. Eine preisliche Absprache kann bei teureren Waren erhebliche Auswirkungen haben und der Schadensersatzanspruch des Betroffenen schnell einmal im fünfstelligen Bereich liegen. Ein gutes Beispiel ist hier das LKW-Kartell, international auch “truck cartel” genannt. Fünf namhafte Hersteller hatten sich über 14 Jahre hinweg abgesprochen, darunter MAN, Daimler, DAF, IVECO und Volvo/Renault. Vom größten bisher aufgedeckten Kartell der Geschichte ist die Rede.  Die Oxera-Studie  geht davon aus, dass es hierdurch eine durchschnittliche Preiserhöhung von etwa 20 Prozent gegeben hat. Pro LKW sind das also nicht die oben erwähnten paar Cent, sondern um die 10.000 €. Unternehmen, die einen Fuhrpark besitzen, könnte damit ein Schadensersatz in sechsstelliger Höhe zustehen.

Schadensersatzanspruch auch für Geschädigte des Autokartells?

Gibt es einen solchen Schadensersatzanspruch auch für die Geschädigten des Autokartells? Die Beantwortung dieser Frage gestaltet sich (vorerst) schwer. Festzuhalten ist eines: Hat es zwischen den Herstellern Preisabsprachen gegeben, steht den Betroffenen zweifelsohne Schadensersatz zu. Der zu ersetzende Schaden ist dann leicht festzustellen. Er beläuft sich auf den Betrag, um den der Kaufpreis infolge der Absprachen gestiegen ist. Der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands äußerte sich gegenüber der Süddeutschen Zeitung hierzu. Er rechne mit zehntausenden Verfahren, in denen Autokäufer Schadensersatz für überteuerte Fahrzeuge verlangen werden.

Die kartellrechtliche Strafe würde allein für den VW-Konzern knapp 21,7 Milliarden Euro betragen. Damit steht fest, dass das Autokartell weitaus größer ist als das LKW-Kartell. Die Konzerne müssen sich auf eine Klagewelle gefasst machen, wie sie in den USA bereits anläuft.

Was in der Theorie einfach klingt, scheitert in der Praxis aber erst einmal an einer entscheidenden Hürde: dem Beweis. Es muss eindeutig nachgewiesen werden, dass zwischen den Automobilriesen über entscheidende Faktoren kommuniziert wurde und dass diese Kommunikation sich auch tatsächlich im Preis niedergeschlagen hat. Erst dann kann ein Anspruch geltend gemacht werden. Ob Preisabsprachen stattgefunden haben, wird sich erst im Fortgang der Ermittlungen zeigen. Bundeskartellamt und die EU-Komission ermitteln derzeit- und das kann dauern. Im Fall des LKW-Kartells dauerten die Ermittlungen fünf Jahre.

Das mögliche Vorgehen nach Feststellung des Kartells

Dem Verbraucher in die Karten spielt die 9. Novelle des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb. Hierdurch wurde die Vermutung aufgestellt, dass ein Kartell auch zu einem Schaden führt. Außerdem können die Richter nun den entstandenen Schaden schätzen. Auch die verlängerte Verjährungsfrist von nunmehr fünf Jahren soll die Rechtsdurchsetzung für den Verbraucher wesentlich erleichtern. Da die Ermittlungen aber noch weit am Anfang stehen, wird es noch etwas Zeit in Anspruch nehmen, bis man stichhaltig Ansprüche glaubhaft machen kann. Betroffene sollten die Entwicklungen deshalb im Auge behalten.

Trotzdem ist Abwarten nicht in jedem Fall die richtige Devise. Denn Abgasskandal und Autokartell sind eng miteinander verwoben. Wer neben dem Autokartell auch noch vom Abgasskandal geschädigt ist, kann schon jetzt gegen die Hersteller vorgehen. In Anbetracht der Neuigkeiten um Fahrverbote und sinkenden Gebrauchtwagenpreisen ist neben dem Verlangen nach Schadensersatz der Widerruf  ein verhältnismäßig leicht durchzusetzendes und effektives Mittel. Hierdurch kann der Kunde seinen PKW an die finanzierende Herstellerbank zurückgeben und erhält sämtliche Raten zurück. Gerade Kunden, die ihren PKW erst nach dem 13.06.2014 finanziert haben, können hiervon profitieren. Sie müssen nämlich nicht einmal eine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer entrichten. Ob auch Ihnen ein Widerrufsrecht zusteht, können Sie durch unsere erfahrenen Mitarbeiter prüfen lassen. Die Prüfung Ihres Finanzierungsvertrages ist dabei Teil unserer kostenfreien Erstberatung. Im Fortgang beraten wir Sie ausführlich zu Chancen und Risiken eines Widerrufs und stimmen ein etwaiges weiteres Vorgehen mit Ihnen ab. Eine erste Einschätzung Ihrer Ansprüche erhalten Sie durch unseren Widerrufsrechner.

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