Musterfeststellungsklage – Die Idee
Die Idee hinter der Musterfeststellungsklage ist folgende: Dem Verbraucher soll es leichter gemacht werden, seine Rechtsposition gegenüber übermächtigen Konzernen zu behaupten. Aus Sorge vor den Prozesskosten und den guten Anwälten der Gegenseite scheuen viele Verbraucher davor zurück, ihre Rechte geltend zu machen. Die Konsequenz daraus ist, dass Großkonzerne wie VW, Audi, Mercedes und Co. hierzulande billig davonkommen. Während es in den USA üblich ist, sich auch bei Kleinstbeträgen einer Sammelklage anzuschließen, gab es eine derartige Möglichkeit in Deutschland nicht. Deswegen setzt hierzulande nur ein Bruchteil der Anspruchsinhaber ihr Recht vor Gericht durch.
Die Musterfeststellungsklage soll das ändern. Durch das Klageregister soll zum einen die Verjährung gehemmt werden. Das ist der Grund, warum es der Politik so eilig war mit der Verabschiedung der Musterfeststellungsklage. Denn vielen Ansprüchen der Dieselgeschädigten droht die Verjährung zum Jahresende. Zum anderen soll die Musterfeststellungsklage eine Prozesslawine verhindern. Ein Urteil soll für alle Verbraucher wirken, die im jeweiligen Klageregister aufgeführt sind.
Musterfeststellungsklage – Die Umsetzung
Im Detail betrachtet weist die Musterfeststellungsklage einige Schwächen auf. Der größte Nachteil im Vergleich zu einem individuellen Vorgehen ist, dass VW sich bei der Musterfeststellungsklage auf keinen Fall auf einen Vergleich einlassen wird. Stattdessen wird der Konzern auf Zeit spielen und das Verfahren möglichst in die Länge ziehen. Dass das Verfahren bis vor den Bundesgerichtshof (BGH) gehen wird, gilt als ausgemachte Sache. Bei Einzelverfahren ist die Chance, den Prozess schnell durch einen Vergleich zu beenden und das Geld sofort in der Hand zu halten, deutlich höher.
Die lange Dauer der Musterfeststellungsklage bedeutet einen weiteren Nachteil: Diesel-Besitzer, die ihr Auto behalten, müssen in der Zwischenzeit mit Fahrverboten rechnen. Und aufgrund der Nutzungsentschädigung für gefahrene Kilometer sind die Ansprüche nach so langer Zeit womöglich nichts mehr wert.
Warum kritisieren Verbände die Musterfeststellungsklage?
Verbände wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) laufen sogar regelrecht Sturm gegen die Musterfeststellungsklage. Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner nimmt wie folgt Stellung:
“Der Gesetzentwurf ist eine reine Mogelpackung. Anstatt die Rechte der Verbraucher tatsächlich zu stärken, wird mit dem Gesetz, das viele Hürden enthält, den Konzernen abermals ein großzügiges Geschenk gemacht.”
Diese Feststellung stützt er auf die Tatsache, dass nur eine beschränkte Anzahl an Vereinen berechtigt ist, diese Musterfeststellungsklage zu erheben. Kompetente Umwelt- und Verbraucherschutzvereine wie etwa die Umwelthilfe seien davon ausgeschlossen. Für Müller-Kraenner ist die Verabschiedung des Gesetzesentwurfs in dieser Form ein deutliches Zeichen dafür, dass die Regierungsparteien auf der Seite der Konzerne stehen. Vorbehalte der Oppositionsparteien seien ignoriert worden, moniert er.
Musterfeststellungsklage – Klageindustrie abgewendet oder Verbraucher geschwächt?
Und damit hat er nicht unbedingt Unrecht. Die Klagebefugnis bei der Musterfeststellungsklage ist auf Verbände beschränkt, die mindestens 350 Personen oder zehn Unterverbände als Mitglieder haben. Hintergrund dieser Regelung ist es, dass die Regierung bestrebt war, eine Klageindustrie zu verhindern. Ob sie damit über das Ziel hinausgeschossen ist, wird die Praxis zeigen. Unterdessen meldeten Verbraucherzentralen Bedenken aufgrund der hohen Anforderungen für eine Eintragung ins Klägerregister an.
Auch wenn die DUH hier nicht ganz neutral ist, da sie natürlich gerne selbst gegen VW geklagt hätte, hat sie mit ihrer Kritik Recht. Die Anzahl der Mitglieder eines Verbands sagt nichts über die Kompetenz im jeweiligen Gebiet aus und sollte daher nicht ausschlaggebendes Merkmal für die Klagebefugnis sein.
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