Das Diesel-Rettungspaket
Endlich soll sie kommen – die Hardware Nachrüstung. Was Umweltverbände und Verbraucherschützer seit Jahren folgen, wird nun in Angriff genommen. Konkret geht es um den Einbau bestimmter Katalysatoren, die die Abgasreinigung erheblich verbessern sollen – auf Kosten der Hersteller. Die entsprechenden Systeme sollen nicht von den Herstellern selbst, sondern von Zulieferern kommen. Diese sollen dann auch die Haftung übernehmen. Damit soll das Argument der Autobauer entkräftet werden, eine Nachrüstung wäre viel zu zeitaufwändig, weil es bis zu zwei Jahre dauere, bis entsprechende Systeme entworfen, genehmigt und einsatzbereit seien. Die Nachrüstung gibt es allerdings nicht für alle. Nur Euro 5 Dieseln soll diese Möglichkeit offen stehen. Euro 4-Dieselhalter hingegen sollen von “attraktiven” Umtauschprämien bei einer Neuanschaffung profitieren. Das ist nichts neues. Unter dem Namen der Umweltprämie gab es bereits das Angebot an Dieselfahrer ihren alten Diesel gegen eine Prämie gegen ein neueres, weniger umweltschädliches Modell einzutauschen. Es sind Prämien zwischen 5.000 und 8.000 € im Gespräch.
Diesel – alles eine Frage der Zeit
Dass es nun recht schnell ging, liegt wohl daran, dass die Bundesregierung in Zugzwang ist. Ein Gericht ums andere entscheidet sich für umfassende Dieselfahrverbote, die Gemeinden sind gezwungen, diese nach einem straffen Zeitplan umzusetzen. Es drohen erhebliche Konsequenzen für Betroffene und die Wirtschaft. Parallel steigt der Unmut der elf Millionen Betroffenen immer weiter. Sie fühlen sich von der Regierung im Stich gelassen mit Software Updates, Zwangsstilllegungen, Restwertverlusten und anderen Problemen. Und das zurecht. Die Nachricht, die in der Nacht zum Dienstag kam, ist längst überfällig. Eigentlich wäre sie bereits im August 2017 angebracht gewesen. Im Rahmen des damals stattfindenden Dieselgipfels ließ die Politik sich aber mit billigen Software Updates abspeisen. Viel zu lang hielt sie ihre schützende Hand über die Automobilindustrie und ließ die Kunden den Preis für die Fehler dieser bezahlen. Inzwischen scheint die Bundesregierung erkannt zu haben, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis sie für eine Verantwortungsübernahme der Schuldigen im Dieselskandal sorgen muss.
Umsetzung der Hardware Nachrüstung könnte Jahre dauern
Eine Frage der Zeit ist auch die Umsetzung des beschlossenen Maßnahmenpakets. Wie die Erfahrung mit dem Software Update gezeigt hat, passiert eine solche Veränderung nicht von heute auf morgen. Nicht zuletzt die Zeitfrage war ein Grund, warum die Hersteller eine Hardware Nachrüstung bisher verweigert hatten. So wies VDA-Präsident Mattes noch im April dieses Jahres hin, dass die Hardware Nachrüstung „sehr, sehr komplex“ sei. Zwei bis drei Jahre solle das in Anspruch nehmen. Eine Zeitangabe, die nicht unrealistisch ist – betrachtet man den (scheiternden) Zeitplan für das Software Update. Hier gab es erst kürzlich wieder Negativschlagzeilen, weil der Zeitplan nicht eingehalten werden konnte. Laut Verkehrsministerium könnte der Prozess 18 Monate dauern. Aus diesem Grund wird nun auf die Katalysatoren zurückgegriffen, die es bereits gibt. Die Katalysatoren von Zulieferern. Das allerdings kann unter Umständen rechtlich problematisch sein. Denn ein vom Zulieferer eingebauter Katalysator kann das Fahrzeug an sich verändern. Wenn Schäden auftreten, muss sich der Kunde nicht mehr nur mit dem Hersteller, sondern auch mit dem Zulieferer auseinandersetzen. Unter Umständen bedarf es eines Gutachters, weil keiner der beiden den Schaden mit verweis auf den anderen regulieren will. Auch die Rechte im Abgasskandal könnte sich der Kunde damit abschneiden. Der Hersteller könnte sich auf den Standpunkt stellen, dass er mit der Hardware Nachrüstung nicht weiter haften müsse. Er könnte sich auf eine wirksame Nacherfüllung berufen, selbst wenn die Hardware Nachrüstung den vertragsgemäßen Zustand nicht herstellt. Möglicherweise steht der Kunde am Ende mit Folgeschäden und nicht durchsetzbaren Ansprüchen dar. Schlimmstenfalls verschlechtert er durch die Hardware Nachrüstung seine Situation anstatt sie zu verbessern.
Kommt die Hardware Nachrüstung noch rechtzeitig?
Parallel wird es in anderer Hinsicht zeitlich eng. Fahrverbotsurteile drohen in vielen stark verschmutzten Städten. Und die Kommunen werden bemüht sein, diese zeitnah umzusetzen. Es drohen schließlich empfindliche Konsequenzen. Die Kommission der Europäischen Union hat wegen der nicht eingehaltenen Grenzwerte unlängst Klage erhoben, es drohen hohe Strafzahlungen. Die Luft wird immer dünner.
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