Darlehenswiderruf: Wie sich Banken gegen Verbraucher wehren

Widerrufsjoker in den Medien: Die Lage der Banken ist ernst

Infolge der aktuellen Widerrufswelle erleiden die Banken Verluste in Milliardenhöhe. Die Interessenverbände appelieren an den Gesetzgeber, das Widerrufsrecht zumindest zeitlich einzuschränken. Die Lage ist ernst. Es überrascht daher kaum, dass die Kreditinstitute alles versuchen, um die Rückabwicklung lukrativer Verträge zu verhindern.

Schlechte Aussichten für Widerrufe in Eigenregie

Abgesehen davon, dass die Materie komplex ist und schon kleinste Details eine entscheidende Rolle spielen können, hat man als Verbraucher ohne rechtlichen Beistand keine Chancen gegen die Übermacht der Banken. Ein in Eigenregie erklärter Darlehenswiderruf wird in aller Regel mit einem Standardschreiben abgewiesen. Und die Banken lassen sich Zeit mit ihrer „Entscheidung.“ Zeit, in der die hochverzinsten Darlehen weiterlaufen. Manchmal müssen Verbraucher 7-8 Wochen auf die Ablehnung warten.

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Die Erfolgsaussichten sind eine Frage des Einzelfalls

Erst nach Einschaltung eines Anwalts lassen sich die Banken auf eine Diskussion ein. Je nachdem wie fehlerhaft eine Widerrufsbelehrung ist, zeigen sich die Kreditinstitute mehr oder weniger kooperativ. Im besten Fall wird die Sache schnell und einvernehmlich geregelt, ohne dass die Gerichte eingeschaltet werden müssten. Das ist besonders dann der Fall, wenn die Widerrufsbelehrung deutlich fehlerhaft ist und dieses Ergebnis schon vom Bundesgerichtshof oder zumindest von mehreren Oberlandesgerichten abgesegnet wurde. Anderenfalls sollte man sich auf eine Auseinandersetzung mit der Bank einstellen. Besonders wenn das Darlehen schon abgelöst wurde oder man eine gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung zurückverlangt, erheben die Banken immer die gleichen Einwände.

Die Argumente der Banken gegen den Widerruf

Auf dieser Seite haben wir für Sie die gängigen Erwiderungen der Kreditinstitute auf den Darlehenswiderruf zusammengestellt. Die Darstellung ist natürlich nicht abschließend, da sie sich nur auf die typischen Fällen beschränkt. Sie soll nur ein grobes Bild dessen vermitteln, welche Problemfelder sich bei einer Auseinandersetzung mit der Bank auftun können.

1. Der Fehler in der Belehrung hatte keinen Einfluss auf das Ausbleiben des Widerrufs

Widerrufsbelehrungen müssen deutlich und klar abgefasst sein. Der Verbraucher muss so genau über sein Widerrufsrecht belehrt werden, dass er in die Lage versetzt wird, sein Widerrufsrecht auszuüben. Und genau diese Deutlichkeit bzw. Verständlichkeit bzw. der Mangel daran, ist der Grund, warum die meisten Belehrungen fehlerhaft sind und der Verbraucher noch viele Jahre nach dem Vertragsschluss sein Widerrufsrecht ausüben kann.

Manche Banken berufen sich jedoch darauf, dass die unwirksame Widerrufsbelehrung nicht die Ursache dafür gewesen ist, warum der Verbraucher sein Widerrufsrecht nicht ausgeübt habt. Es sei dem Verbraucher gar nicht auf die Verständlichkeit der Belehrung angekommen, so oder so hätte er damals innerhalb der Zwei-Wochenfrist den Vertrag nicht widerrufen.

Diese Auffassung ist jedoch nicht haltbar. Das Gesetz verlangt keine Ursächlichkeit. Es steht dort sogar ausdrücklich, dass der Widerruf keine Begründung enthalten muss (§ 355 Abs. 1, Satz 4 BGB).

Das Fortbestehen des Widerrufsrechts hängt alleine von der Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung ab.

2. Verwirkung

Hier argumentiert die Bank mit dem rechtsübergreifenden Grundsatz von Treu und Glauben. Das ist sozusagen der letzte Strohhalm.

Es könne nämlich nicht angehen, dass ein Kreditnehmer noch etliche Jahre nach dem Abschluss des Darlehensvertrages ein Recht geltend mache, das ihm normalerweise nur für die Dauer von zwei Wochen zusteht. Nach so einer langen Zeit habe die Bank darauf vertrauen können, dass der Widerruf nicht erklärt wird. Besonders häufig wird dieses Argument bei bereits abbezahlten Darlehen ins Feld geführt.

Dieses Argument überzeugte den Bundesgerichtshof nicht.

„Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde.“

In der Widerrufsituation fehle es

„(…)jedenfalls am Umstandsmoment. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilte.“ BGH, Urteil vom 7. 5. 2014 – IV ZR 76/11

Im Klartext bedeutet das: Die Bank kann sich nicht auf Verwirkung berufen, weil sie für die gesamte Situation selbst die Verantwortung trägt. Schließlich war es die Bank, die den Verbraucher fehlerhaft belehrt hat. Dem Verbraucher ist sein fortbestehendes Widerrufsrecht meistens nicht bekannt, die Bank verfügt aber über eine Rechtsabteilung, die über die Entwicklungen auf diesem Gebiet unterrichtet ist. Außerdem ist das Widerrufsrecht schon seit seiner Einführung immer wieder Gegenstand rechtlicher Diskussion und gerichtlicher Praxis.

Um sich auf Verwirkung zu berufen, muss die Bank darlegen, warum genau sie in dem konkreten Fall glaubte, dass der Verbraucher freiwillig auf seine Rechte verzichten möchte.

Nur wenn der Verbraucher die fortbestehende Widerrufsmöglichkeit kannte und der Bank zu erkennen gab, er wolle am Vertrag festhalten, dann kann nach einer bestimmten Zeit Verwirkung eintreten. Hier muss das Kreditinstitut beweisen, dass der Verbraucher seine Rechte kannte. Gelegentlich gelingt ihr dieser Nachweis, in aller Regel gehen aber entsprechende Behauptungen ins Leere.

3. Vertrag besteht nicht mehr

Bild von einem Vertrag

In manchen Fällen müssen Verbraucher 7-8 Wochen auf die Ablehnung der Banken bezüglich des Widerrufs warten.

Häufig vorgebracht wird auch das Argument, ein Widerruf sei ausgeschlossen, weil kein Vertrag mehr existiere. Bei einem solchen Wegfall des Vertrages sind drei Variationen denkbar – in allen drei gehen die Einwände der Banken ins Leere.

a) Kredit ist bereits abbezahlt

Das schadet dem Widerruf nicht. Zwar ist die Schuld selbst erloschen, das gilt aber nicht für das gesamte Schuldverhältnis zwischen Bank und Verbraucher.

Das Oberlandesgericht Hamm, das Oberlandesgericht Zweibrücken und schließlich auch der Bundesgerichtshof entschieden ausdrücklich, dass der Widerruf unbefristet erfolgen kann, sogar dann, wenn der Vertrag vollständig erfüllt ist. Alles andere würde dem Gedanken des Verbraucherschutzes nicht gerecht werden.

b) Darlehen durch Aufhebungsvereinbarung aufgelöst

Wer sein Haus verkaufen möchte und die finanzierende Bank nach seinen Optionen fragt, erhält häufig das Angebot, eine Aufhebungsvereinbarung zu unterschreiben. Dabei zahlt der Darlehensnehmer nicht nur den Kredit samt Zinsen zurück, sondern auch eine Vorfälligkeitsentschädigung.

Wenn dann nachträglich der Widerruf erklärt wird, beruft sich die Bank auf diese Aufhebungsvereinbarung und argumentiert, der Darlehensvertrag bestehe nicht mehr und könne deswegen auch nicht mehr widerrufen werden.

Auch von diesem Einwand dürften die Richter nicht beeindruckt werden. Denn der Bundesgerichtshof hatte schon im Jahre 1997 entschieden, dass beim Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung nur die Bedingungen des Darlehensvertrags modifiziert werden (BGH, Urteil vom 1.7.1997 – XI ZR 267/96)

c) Kündigung

Auch hinsichtlich der Kündigung hatte der Bundesgerichtshof mehrfach entschieden, dass sie einem Widerruf nicht entgegenstehe. Unterbleibt eine ordnungsgemäße Belehrung kann dem Verbraucher möglicherweise nicht bewusst sein, dass er zwischen einer Kündigung und einem Widerruf wählen kann. Wäre der Verbraucher über sein Wahlrecht informiert, hätte er kaum die Nachteile einer Kündigung (hohe Zinsen/Vorfälligkeitsentschädigung) in Kauf genommen. (BGH Urteil vom 16. Oktober 2013 · Az. IV ZR 52/12 https://openjur.de/u/653405.html

Fazit

Insgesamt haben die Gerichte den gängisten Einwänden der Banken eine Absage erteilt. Ist die Widerrufsbelehrung unwirksam, hat man als Verbraucher sehr gute Chancen, das hochverzinste Darlehen erfolgreich zu widerrufen und günstig umzuschulden.

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2 Kommentare
  1. Starke Manfred Und E.
    says:

    Hallo,
    wir hatten 3 Objekte (ein Haus und 2 Wohnungen,) die wir vorzeitig abgelöst haben und dafür sehr hohe Vorfälligkeitsentschädigungen gezahlt haben.
    Das Haus haben wir September 2016 verkauft, die 1 Wohnung Juni 2017 und die 2 Wohnung Juni 2018. Jetzt ist natürlich das Problem, das ich keinen einzigen Vertrag mehr habe, da ich dachte die brauchen wir nicht mehr. Aber die Darlehnsnummern und wieviel wir an Vorfälligkeitsentschädigung bezahlt haben – habe ich noch alles. Es waren auch 3 unterschiedliche Banken – DSL, IngDiba und Commerzbank.
    Was können wir tun, können wir überhaupt noch etwas tun. Es waren so im Schnitt für jedes Objekt ca. 120000 EURO offen und haben für das Haus 15000 für die Wohnungen 120000 und 9500 entrichten müssen.
    Ich würde mich freuen, wenn wir eine Antwort bekämen.
    Vielen Dank
    Freundliche Grüße Frau und Herr Starke

    • Dr. V. Ghendler
      says:

      Sehr geehrte Familie Starke,

      leider muss man davon ausgehen, dass bereits Verwirkung eingetreten ist und somit ein Widerruf nicht mehr möglich sein dürfte, da laut Ihren Angaben bereits über 2 bis 4 Jahre seit der Ablöse der Verträge vergangen sind.

      Mit freundlichen Grüßen

      Dr. V. Ghendler
      Rechtsanwalt

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