Robo-Advisors – Die Zukunft der Anlageberatung?

Finanzberatung per Mausklick

Eine neue Art der Anlageberater scheint den Finanzmarkt zu revolutionieren. Die sogenannten Robo-Advisor machen keine Raucherpause, sie beantragen keinen Urlaub und zusätzlich werden sie auch niemals krank.
Was zunächst einmal klingt wie der Traum eines jeden Arbeitgebers, birgt jedoch auch Risiken, Vor- und Nachteile. Es geht allerdings nicht um ferngesteuerte Berater, sondern schlichtweg um Online-Angebote, die Vermögensberatungen durchführen. Statt langwierigen Gesprächen mit einem Anlageberater sollen hier schon wenige Mausklicks zu einer vielversprechenden, individuellen Auswahl an Wertpapieren führen.

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Wie funktioniert ein Robo-Advisor?

Bei Robo-Advisors wird zwischen zwei Typen unterschieden:
– Firmen, die eine Komplettverwaltung anbieten
– bestimme Beratungssoftware, die bei der Auswahl einer geeigneten Anlage hilft

Dieser Artikel konzentriert sich auf Robo-Advisors, die eine Anlageberatung bieten.

Die meisten Robo-Advisors ähneln sich in ihrem Aufbau und ihrer Funktion. Essentiell ist die Angabe bestimmter Daten, die es dem Programm möglich machen, die passenden Anlagemöglichkeiten zu bestimmen. Der User muss den gewünschten Sparbetrag, die gewünschte Anlagedauer, sowie seine Risikobereitschaft definieren.
Im Detail unterscheiden sich die Robo-Advisors. Während es bei vamoo möglich ist, Sparziele (wie etwa die Altersvorsorge) zu definieren, bieten andere Anbieter Grafiken, die den Maximalverlust und mögliche Rendite bei unterschiedlichen Investitionsoptionen erkennen lassen.
In einem zweiten Schritt werden dem Kunden schon nach wenigen Klicks Portfoliozusammenstellungen vorgeschlagen. Die meisten Portale konzentrieren sich hier auf kostengünstige passive Indexfonds (ETF) und Fonds. Spekulative Portfolios werden bei den meisten Robo-Advisors nicht angeboten.

Stirbt der traditionelle Anlageberater aus?

Während viele Anlageberater auf Provisions- oder (vereinzelt) auf Honorarbasis arbeiten, entstehen bei Robo-Advisors vergleichsweise geringe Kosten. Je nach Anbieter betragen die jährlichen Kosten 0,5 bis 2 % bezogen auf den durchschnittlichen Anlagebetrag. Hinzu kommen Gebühren für die automatisierte Beratung und die Überwachung des Portfolios. Die Kosten des Robo-Advisors liegen damit im Mittelfeld. Günstiger ist nur die selbständige Erstellung und Verwaltung eines Portfolios, vor der allerdings viele zurückscheuen. Positiv hervorzuheben ist auch der geringe Aufwand, den ein Anlageinteressierter betreiben muss. Innerhalb weniger Minuten ist auf offiziellen Vergleichsseiten ein Anbieter gefunden, nur Augenblicke später ein Portfolio erstellt. Auch eine Anpassung des Portfolios wird vorgenommen, sollte dieser nicht mehr zur ursprünglichen Anlagestrategie passen.

Mankos der Robo-Advisor

Bis zu diesem Punkt klingt es, als wäre die Anlageberatung über Robo-Advisors die Zukunft der Vermögensanlage. Dahingegen wären Kreditinstitute mit kosten- und zeitaufwändigen Beratungsangeboten in alteingesessener Face-2-Face-Manier oder klassischer Telefonberatung nicht mehr wettbewerbsfähig.
Doch dieser Schein trügt. Robo-Advisor weisen nämlich eine entscheidende Schwäche auf.
Sie umgehen die rechtlichen Vorgaben an eine Anlageberatung.
Der schutzwürdige Verbraucher, der sich oftmals im Bereich der Geldanlage wenig bis gar nicht auskennt, vertraut auf die Aussagen des Vermögensberaters, beziehungsweise des Robo-Advisors. Deswegen ist es besonders wichtig, ihn vor Verlusten zu bewahren, die aus einer falschen Beratung und damit einer falschen Anlage resultieren.
Viele Online-Angebote entziehen sich jedoch einer Haftung, indem sie behaupten, es handele sich gar nicht um eine echte Anlageberatung. Ihre Leistung umfasse letztlich lediglich Investitionsempfehlungen.
Was nach reiner Wortklauberei klingt, hat im Falle einer Falschberatung allerdings erhebliche Auswirkungen.

Der Anbieter haftet nicht. Im schlimmsten Fall ist die Vermögensanlage damit verloren.
Die Verantwortung wird damit auf den Verbraucher übertragen – dem die notwendige Expertise fehlt, um die Risiken zu beurteilen.
Das ist rechtlich nicht zulässig. Ein Grund, warum viele der Robo-Advisors bei einer Untersuchung durch die Verbraucherzeitschrift Öko-Test schlecht abschneiden.
Kritisiert wird außerdem, dass viele online gestellte Fragen – deren Beantwortung einziger Anhaltspunkt zur Portfoliobestimmung ist – uneindeutig formuliert sind.
Ungeachtet der Vorteile, die ein Onlineservice bietet, sind Rückfragen hier nicht möglich. Dem Verbraucher steht kein Bankberater zur Seite, den er zu einer Spezifizierung bestimmter Fragen auffordern kann oder der ihm eine Einschätzung zu vagen Bezeichnungen der Risikobereitschaft gibt.
Deswegen ist es besonders wichtig, keinen Spielraum für Missverständnisse oder Fehlwertungen zu lassen. Dieses Erfordernis wird aber nur von zwei Anbietern beachtet.
Hervorzuheben ist hier die digitale Vermögensverwaltung quirion, die zusätzlich auch eine telefonische Beratung anbietet. Damit nähert sie sich einer klassischen Anlageberatung an.

Haftung für eine Fehlberatung?

Näher einzugehen ist allerdings auf das Haftungsdefizit, das Online-Vermögensberatung gegenüber den herkömmlichen Anbietern haben. Um die Brisanz dieses Haftungsdefizits deutlich zu machen, werden im Folgenden die rechtlichen Haftungsvorschriften bei einer Fehlberatung dargestellt.
Hierzu wird das Beispiel einer herkömmlichen Vermögensberatung genutzt.
Damit ein Schadensersatzanspruch entsteht, muss zunächst ein Beratungsvertrag vorliegen. Der Vertragsschluss erfolgt meist konkludent, eine Schriftlichkeit ist nicht von Nöten.


Pflicht zur anleger- und anlageobjektgerechten Beratung

Die sogenannten Robo-Advisor machen keine Raucherpause, sie beantragen keinen Urlaub und auch niemals krank.

Es handelt sich typischerweise um einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienst- oder Werkvertragscharakter ( § 611 und § 631 BGB).
Der Anlageberater übernimmt damit die Pflicht zu einer anleger- und anlage(objekt)gerechten Beratung.
Er muss den Kenntnisstand, die Risikobereitschaft, sowie das Anlageziel des Kunden miteinbeziehen. Außerdem muss er die Konjunkturlage des Kapitalmarktes beachten.
Infolgedessen trifft ihn eine Aufklärungspflicht über alle für die Anlageentscheidung wesentlichen Umstände. Insbesondere muss die Beratung auf die Anlageziele ausgerichtet sein. Nach oberster Rechtsprechung beinhaltet diese Pflicht auch die ungefragte Aufklärung über sogenannte Kickbacks. Darunter versteht man Rückervergütungen oder Provisionen seitens der Fondunternehmen. Der Kunde muss schließlich wissen, ob in seinem Interesse oder auch in der Absicht, möglichst hohe Kickbacks zu erreichen, gehandelt wird.
Gemäß § 31 WpHG muss die Information des Kunden derart ausgestaltet sein, dass dieser nach vernünftigem Ermessen Art und Risiken der Anlage verstehen und auf dieser Grundlage eine Anlageentscheidung treffen kann.
Gibt der Anlageberater kund, er habe den Prospekt der empfohlenen Anlage einer kritischen und fachgerechten Prüfung unterzogen, obwohl dies nicht der Fall ist, führt dies zu einer Haftung, sofern eine Überprüfung ein aufklärungsbedürftiges Risiko zum Vorschein gebracht hätte. Dies bestätigte der Bundesgerichthof.

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Was macht eine Anlageberatung fehlerhaft?

Doch was bedeutet eigentlich „fehlerhafte“ Anlageberatung und wer trägt die Beweislast für die Fehlerhaftigkeit?
Als nicht fehlerhaft gilt eine Beratung dann, wenn sie sich aus der „ex ante“-Betrachtung als vertretbar erweist.
Die Beweislast, dass eine Pflichtverletzung vorliegt, trägt der Anleger. Jedoch wird zu seinen Gunsten vermutet, dass die falsche Beratung Grund für den Erwerb der Anlage war.
Haften muss grundsätzlich das Kreditinstitut, für welches der Anlageberater tätig war. Schließlich sitzt dieser zumeist in den Räumlichkeiten der jeweiligen Bank, handelt in ihrem Namen und mit ihrer Vollmacht.
Eine Ausnahme besteht dann, wenn der Anlageberater deliktisch handelt oder ein persönliches Vertrauensverhältnis ausnutzt.
Letztlich bleibt festzuhalten, dass es strenge Anforderungen an die Tätigkeit des Anlageberaters gibt und dass deren Nichtbeachtung zu einer umfangreichen Haftung führen können.
Gesichert wird dadurch das gewissenhafte Arbeiten der Anlageberater und der Schutz den Kunden.

Robo-Advisors schützen nicht vor fehlerhafter Beratung

Beides gibt es bei Onlineberatungsangeboten nicht, obwohl man objektiv einen Beratungsvertrag bejahen könnte.
Ein solcher wird von der Rechtsprechung angenommen, wenn folgende Merkmale vorliegen:

– die erteilte Auskunft ist für den Empfänger von erheblicher Bedeutung
– er stellt daraufhin Vermögensdispositionen an
– der Berater stellt sich als sachkundig dar und hat ein wirtschaftliches Interesse

Trotzdem sehen sich die Onlineanbieter nicht in der Pflicht. Die Haftung entfiele, es handele sich um ein reines Vermittlungsgeschäft, eine Anlageberatung sei in den AGB ausgeschlossen, wie es bei vielen Portalen heißt.
Auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) sieht hierin eine Anlageberatung.

Fazit

Ob man sein Geld nun über das Beratungsangebot der gängigen Kreditinstitute, über ein Onlineportal oder in Eigenregie anlegt, bleibt letztlich Geschmackssache. Dem vorherrschend provisionsorientierten Handeln herkömmlicher Anlageberater steht einerseits ein Haftungsausschluss von Onlineanbietern und andererseits erhöhte Eigenverantwortung gegenüber.
Inwieweit ein Einlenken der Onlineanbieter und eine Annäherung an den Service und eine Anerkennung der Anlageberatereigenschaft zu erwarten ist, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden. Aufmerksamkeit ist aber in jedem Fall geboten, denn wie heißt es so schön?

„Manches vollmundig angepriesene Altersvorsorge-Produkt entpuppt sich bei näherer Betrachtung als Vorsorge-Produkt für den Anbieter.“

(Helmut Glaßl (*1950), Thüringer Aphoristiker)

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