Was vom BGH zu erwarten ist
Wenn der BGH „Ja“sagt, könnte es für den Widerrufsjoker noch vor seinem geplanten gesetzlichen Ende eng werden.
Indes handelt es sich beim BGH um ein sehr verbraucherfreundliches Gericht. Ihm haben die Darlehensnehmer schließlich den Widerrufsjoker überhaupt zu verdanken. Und da die Rechtsprechung des BGH Zehntausenden Verbrauchern bislang den Weg aus den hochverzinsten Verträgen geebnet hat, dürfte hier nicht plötzlich eine Kehrtwende erfolgen. Denn dass es den Verbrauchern um den Ausstieg aus unvorteilhaften Verbindlichkeiten geht, war dem BGH auch in seinen vergangenen Entscheidungen bestens bekannt.
Gesetz bleibt für BGH eben Gesetz und dieses Gesetz verlangt vom Verbraucher, der seine Rechte ausüben möchte, keine Begründung. Ist die Widerrufsbelehrung fehlerhaft, kann der Kredit auch nach vielen Jahren widerrufen werden. Dabei darf dem Darlehensnehmer kein treuwidriges, rechtsmissbräuchliches Verhalten vorgeworfen werden.
Übrigens geht die Meinung bei den Instanzgerichten (bis auf einige Ausnahmen) klar gegen etwaigen Rechtsmissbrauch. Gut zusammengefasst finden sich die entsprechenden Erwägungen in einem aktuellen Urteil des ansonsten als bankenfreundlich geltenden Landgericht Frankfurt:
“Dass die Kläger ein ihnen zustehendes Recht erst nach sieben Jahren ausgeübt haben, stellt für sich genommen auch keinen Verstoß gegen Treu und Glauben dar (§ 242 BGB). Dabei hat das Motiv für den Widerruf unberücksichtigt zu bleiben, da der Gesetzgeber zwar als Begründung für das Widerrufsrecht den Übereilungsschutz genannt hat, eine tatsächlich übereilte Entscheidung jedoch gerade keine Voraussetzung für die Ausübung des Rechts ist, der Verbraucher sich innerhalb der laufenden Frist vielmehr frei und aufgrund jeglicher, rechtlich nicht überprüfbarer Motivation zur Widerrufsausübung entscheiden kann, wie sich bereits aus der fehlenden Begründungspflicht (§ 355 Abs. 1, S. 2, 1. Hs BGB a.F.) ergibt.“
Aussichten
Man kann jetzt nur hoffen, dass der BGH die Gelegenheit bekommt, sich endgültig in der Sache zu positionieren. Denn als die Richter im Juni entscheiden sollten, ob das Recht zum Widerruf verwirken kann, wendete die betroffene Bank Gerüchten zufolge das Urteil ab, indem sie dem Kläger eine hohe Geldsumme zahlte, damit dieser seine Revision zurücknimmt. Da die Rechtsinstitute der Verwirkung und des nun im Raum stehenden Rechtsmissbrauchs eng miteinander verwandt sind, bleibt zu befürchten, dass die Bank wieder einmal die ungünstige Entscheidung verhindern will.
Wir halten Sie auf dem Laufenden.
Update:
Die Verhandlung wurde laut Pressemitteilung des BGH “auf Wunsch der Parteien” auf den 15.12.2015 vertagt. Das kann nur bedeuten, dass im Hintergrund um einen Vergleich gerungen wird. Ob dieser zustande kommt oder nicht, wird sich zeigen. Die Bankenwelt ist an einer Verhinderung interessiert.
Update:
Es wird vorerst keine Entscheidung des BGH zur Verwirkung des Widerrufsrechts geben. Die Beteiligten haben inzwischen einen Vergleich geschlossen. Wieder einmal konnte eine Bank eine Grundsatzentscheidung des BGH in dieser heiß umstrittenen Frage verhindern.
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