Hintergrund der Kündigungen
Die Bausparkassen waren ihrerzeit ein Risiko eingegangen, das den Bausparern heute hohe Zinserträge beschert. Sie haben auf eine Laufzeitvereinbarung und das Vorbehalten eines Kündigungsrechts verzichtet.
Zu früheren Zeiten ein lukratives Geschäft. Schließlich konnten sie so das angesparte Geld (für damalige Zeiten) niedrig verzinsen und im Gegenzug teure Kredite ausgeben.
Eine Rechnung, die nicht länger aufgeht, seit die Europäische Zentralbank den Leitzins auf 0 Prozent senkte.
Die Folge: viele Bausparer rufen das Darlehen bei Erreichen der Zuteilungsreife nicht mehr ab, sondern sammeln Zinsen, die heutzutage mit 2,5 bis 3 % sehr attraktiv sind. Damit wird das Ganze für die Kreditinstitute ein Minusgeschäft.
Aus dieser Situation wollten sich die Bausparkassen unter der Berufung auf § 489 BGB befreien. Streng genommen sind sie nämlich in der Ansparphase Empfänger eines Darlehens durch den Bausparer. Sie berufen sich hierbei auf das Wohl der Bausparergemeinschaft, das unter dem Zinsensammeln der anderen leide.
§ 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB sieht aber vor, dass das Darlehen vollständig empfangen sein muss, damit der Darlehensnehmer kündigen darf. Insoweit wäre eine Kündigung durch die Bausparkasse unwirksam, da der Bausparvertrag noch nicht voll bespart ist.
OLG Karlsruhe entscheidet für Bausparer
Der 17. Zivilsenat des OLG Karlsruhe hat sich dieser Position angeschlossen.
Geklagt hatte ein Ehepaar, das 1991 einen Bausparvertrag über eine Bausparsumme von 23.000 DM abgeschlossen hatte. Im Jahre 2002 war die Zuteilungsreife erreicht, die beiden entschlossen sich aber, das Darlehen nicht in Anspruch zu nehmen, sondern zu sparen. Nach vertraglicher Vereinbarung wurde ihr Bausparguthaben mit 2,5 % verzinst. 2015 erhielten sie die Kündigung ihrer Bausparkasse, wollten den Vertrag aber fortsetzen. Sie klagten.
Bereits in der ersten Instanz wurde Ihnen Recht gegeben. Ein gesetzliches Kündigungsrecht wurde aufgrund der oben genannten Erwägungen verneint. Die Zuteilungsreife begründe noch kein gesetzliches Kündigungsrecht, die volle Bausparsumme muss erreicht sein.
Eine analoge Anwendung von § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB wurde ebenfalls abgelehnt. Hier fehle es an der Schutzwürdigkeit der Bausparkasse, denn sie könne ihren Anspruch auf weitere Besparung des Vertrags bis zum Erreichen der Bausparsumme durchsetzen. Bei einer Verletzung dieser Pflicht durch den Bausparer sei ein Rückgriff auf das nach den vertraglichen Vereinbarungen bestehende Kündigungsrecht möglich.
Rechtslage weiterhin uneindeutig
Es ist nicht das erste Mal, dass sich die oberen Gerichte mit dieser Frage auseinandersetzen.
So billigt z.B. das OLG Hamm den Bausparkassen nach Eintritt der Zuteilungsreife ein ordentliches Kündigungsrecht zu. Die Klagen dreier Bausparer wurden hier abgewiesen ( Az.: 31 U 234/15, 31 U 271/15 und 31 U 278/15). Auch das OLG Koblenz (Az.: 8 U 11/16) und das OLG Celle (Az.: 3 U 75/16) vertreten die Auffassung, dass die Bausparkassen sich zurecht auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen.
Schutz können die Bausparer neben dem OLG Stuttgart (vgl.: Az. 9 U 171/15) auch vom OLG Bamberg erwarten, das erst jüngst die Kündigung dreier Bausparverträge aus den Jahren 1985, 1987 und 1996 durch die Badenia Bausparkasse für unwirksam erklärte (Az.: 8 U 24/16).
Aussichten
Erst 2017 ist ein entsprechendes Urteil vom BGH zu erwarten, das für Rechtssicherheit sorgen wird. In der Zwischenzeit ist Bausparern zu raten, sich gegen die Kündigung der Bausparkasse zu wehren.
Wer nichts unternimmt, verliert mit der Kündigung und Auszahlung der Sparguthaben seine Rechtsposition.
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