Kann ich als GmbH-Geschäftsführer eine Entnahme aus dem Vermögen der GmbH vor einem Insolvenzantrag machen?

Von einer Entnahme aus dem Vermögen der GmbH ist im Vorfeld einer Insolvenz stark abzuraten: Sie würden sich der Untreue nach § 266 StGB strafbar machen. Ein Geschäftsführer ist gegenüber der GmbH zur Betreuung ihres Vermögens verantwortlich (sog. Vermögensbetreuungspflicht). Dabei werden zumeist beide Tatbestände der Untreue verwirklicht:

Der Missbrauchstatbestand wird erfüllt, weil ein Geschäftsführer durch die Entnahme seine Befugnis missbraucht, indem er über fremdes Vermögen verfügt. Das Vermögen der GmbH ist – auch dann, wenn der Geschäftsführer alleiniger Gesellschafter ist – vom Vermögen des Geschäftsführers getrennt zu betrachten.

Der Treuebruchtatbestand wird erfüllt, weil eine Entnahme während der Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung/drohenden Zahlungsunfähigkeit eine Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht darstellt. Dies gilt auch dann, wenn ein Geschäftsführer

  • sich ein eigenkapitalersetzendes Darlehen an die Gesellschafter zurückzahlen lässt
  • einen berechtigten Anspruch auf Zahlung gegen die Gesellschaft hat (auch bei Lohnanspruch)
  • Scheinverkäufe tätigt
  • Sicherheiten zugunsten von Gläubigern bestellt
  • Gegenstände der GmbH wegschaft.

Gibt es die Möglichkeitvor einem Insolvenzverfahren noch eine Entnahme vorzunehmen?

Während der Vorbereitung eines Insolvenzverfahrens sollten Entnahmen nur im rechtlich zulässigen Rahmen geschehen – Anderenfalls drohen Ihnen als Schuldner Konsequenzen: von der Versagung der Restschuldbefreiung bis hin zu einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit.

Wenn Sie als Schuldner beispielsweise ein den Gläubigern unbekanntes Konto eingerichtet haben und dieses nach einigen Zahlungseingängen ein Guthaben aufweist, sollten Sie sehr vorsichtig mit Entnahmen sein. Bilden Sie eine Barrücklage – die sogenannte „Kriegskasse“. Daraus sollten Sie nur so viel entnehmen, wie

  1. zur Sicherung Ihres monatlichen Lebensbedarfes
  2. zur Weiterführung Ihrer Unternehmung
  3. zur Finanzierung Ihrer Entschuldung

erforderlich ist. Dies ist ein monatlicher Betrag, der Ihrem Pfändungsfreibetrag zzgl. der notwendigen betrieblichen Ausgaben und Kosten der Entschuldung entspricht. Wenn der Insolvenzantrag gestellt wird, sollten Sie diesen Betrag selbstverständlich angeben.

Wenn Sie jedoch höhere Entnahmen machen und die Zahlung an eine andere Person, leisten, besteht die Gefahr der Rückgängigmachung durch Anfechtung (§§ 129 ff. InsO). Zudem wird in solchenEntnahmen eine sog. Vermögensverschwendung nach § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO gesehen –Dies stellt einen Versagungsgrund dar.Darüber hinausbegeben Sie sich in strafrechtliche Verantwortlichkeit nach § 283 StGB.

Insoweit sollten Sie Entnahmen vor einem Insolvenzverfahren nur nach einer eingehenden Beratung durchführen.

Was bringt es mir, wenn ich vor Antragstellung eine neue Firma gründe und alles auf diese Firma überschreibe?

Sehr oft lassen Unternehmer und Selbstständige von Dritten eine Unternehmung gründen, welche daraufhin dasselbe Geschäft weiter betreibt. Solange dies unter Beachtung der einschlägigen insolvenz-, straf- und handelsrechtlichen Normen erfolgt, kann diese Lösung über eine sog. „unechte Auffanggesellschaft“ sinnvoll sein.

Etwas anderes gilt, wenn der Unternehmer beispielsweise Vermögensbestandteile seines Betriebs an die neugegründete Firma überträgt oder z. B. denselben Namen/Internetpräsenz beibehält. Vermögensübertragungen sind u. U. strafbar (§ 283 ff StGB) und stellen einen Versagungsgrund dar (§ 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO). Zudem können sie angefochten werden, sodass auch der Auffanggesellschaft nichts davon zukommt. Durch die Fortführung unter der früheren Firmenbezeichnung tritt u. U. eine Nachhaftung der neugegründeten Firma ein (§ 25 HGB).

Insoweit sollten der Gründer der neuen Firma sowie der Schuldner darauf bedacht sein, keine unnötigen Schritte zu unternehmen. Die Gründung einer Auffanggesellschaft muss sorgfältig abgewogen sein.

Soll ich meine GmbH zu einem symbolischen Preis verkaufen und die Geschäftsführung abgeben?

Viele Gesellschafter-Geschäftsführer veräußern Ihr Unternehmen und geben die Geschäftsführung ab, in der Hoffnung, dadurch Schlimmeres zu verhindern.

Dieses Handeln bietet einen Vorteil: Ein Insolvenzantrag des Geschäftsführers hat negative Auswirkungen auf dessen persönliche Bonität, sodass ein Ausscheiden aus dem Posten insoweit sinnvoll sein kann.

Allerdings bleibt auch ein ehemaliger Geschäftsführer für seine eigenen Handlungen haftbar, sodass weder die persönliche zivil- noch die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Geschäftsführers endet – vor allem kann durch die Abgabe der Geschäftsführung nicht dem Straftatbestand der Insolvenzverschleppung begegnet werden (§ 15a InsO).

Insoweit wird diese Maßnahme zumeist nicht vom erhofften Erfolg gekrönt sein. Wichtig ist eine rechtliche Vorfeldberatung, die den exakten Haftungszeitpunkt ermitteln lässt und Ihnen die notwendigen Schritte zur Vermeidung der Haftung und Strafbarkeit aufzeigt.

Muss ich weiter meine Buchhaltung führen, obwohl ich einen Insolvenzantrag stellen werde?

Ist Ihr Unternehmen im Handelsregister eingetragen, gilt es als Handelsgewerbe (§ 2 HGB). Damit ist auch die handels- und steuerrechtliche Buchführungspflicht auf Sie anwendbar.

Für Sie als Einzelkaufmann hat dies jedoch keine unmittelbaren Folgen für Ihr Insolvenzverfahren. Auch wenn Sie die Buchführung nicht vollständig erstellen, wird alleine aus dieser Tatsache kein Versagungsgrund gegeben sein.

Aus folgendem Grund empfehlen wir jedoch allen Mandanten Ihre Buchhaltung fortzuführen: Falls sie nicht gemacht wirdfehlen exakte Forderungsstände des Finanzamtes. Wenn das Finanzamt dann mit einem unrichtigen Forderungsstand im Insolvenzantrag angegeben wird, kann dem Schuldner die Restschuldbefreiung versagt werden.

Noch einschneidender sind die Folgen einer unterlassenen Buchführung für einen GmbH-Geschäftsführer: Ein Unterbleiben der Bilanzerstellung zum 30.06. des Folgejahres bzw. der laufenden Bilanzerstellung führt zur Strafbarkeit wegen Bankrottes (§ 283 StGB).

Insoweit sollten Sie Ihre Buchführung fortführen –Wenn der Steuerberater von seinem Zurückbehaltungsrecht betreffs Ihrer Unterlagen Gebrauch gemacht macht, sollten Sie dies selbst tun.

Was sind „Bargeschäfte“?

Ein Bargeschäft ist ein von der Anfechtung nicht betroffenes Rechtsgeschäft – Es kann im Regelfall durchgeführt werden, ohne dass der Empfänger Ihrer Zuwendung eine Rückabwicklung befürchten muss.

Wenn ein Rechtsgeschäft als Bargeschäft vor der Stellung eines Insolvenzantrags durchgeführt wird, wird es nicht angefochten werden.Der Empfänger darf die Zahlung behalten und Sie können notwendige Ausgabentätigen, die der Aufrechterhaltung Ihrer Unternehmung und der Finanzierung Ihrer Entschuldung dienen(§ 142 InsO).

Das sogenannte Bargeschäft ist gegeben, wenn Sie eine Leistung unmittelbar nach deren Erbringung durch den Gläubiger bezahlen. So können Sie noch die dringlichsten Beschaffungen erledigen, obwohl sich Ihre Unternehmung in der Krise befindet, Sie diese aber im Regelinsolvenzverfahren weiterführen wollen.

Beachten Sie allerdings die rechtlichen Grenzen eines Bargeschäftes: Diese werden von der sog. „Vermögensverschwendung“ (§ 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO) eingeschränkt. Demnach darf ein Bargeschäft nicht verschwenderischen – d. h. nicht notwendigen – Ausgaben dienen. Ansonsten droht Ihnen die Versagung der Restschuldbefreiung.

Kann ich noch die offenen Rechnungen einiger Gläubiger begleichen?

In der Krise – zumeist unmittelbar vor Stellung des Insolvenzantrages – versuchen viele Unternehmer und Selbstständige noch einige Ihnen genehme Gläubiger zu bezahlen. Leider werden diese Zahlungen weder einem Gläubiger noch dem Schuldner nutzen:

Die Zahlung wird zumeist angefochten und rückgängig gemacht.Der Empfänger kann so sogar in einen finanziellen Engpass rücken, wenn er den Betrag bereits investiert hat.

Ihnen als Schuldner können sogar straf- als auch insolvenzrechtliche Konsequenzen drohen. Wenn Sie beispielsweise Stellung des Insolvenzantrags an bestimmte Gläubiger zahlen, begehen Sie eine Bankrottstraftat und können sogar einen mitwirkenden Gläubiger als Teilnehmer mit hineinziehen (§§ 283 ff. StGB). Hierneben droht Ihnen zudem eine Versagung der Restschuldbefreiung wegen Vermögensverschwendung (§ 290 InsO).

Eine Ausnahme besteht hiervon: Notwendige Zahlungen, die zur Fortführung Ihrer Unternehmung oder der Gewährleistung Ihrer Entschuldung erforderlich sind, können als sogenannte Bargeschäfte (§ 142 InsO) weiterhin getätigt werden.

Sollte ich rückständige Sozialversicherungsbeiträge begleichen?

Sie sollten rückständige Sozialversicherungsbeiträge vor der Insolvenz nicht ausgleichen: Dies wird weder Ihnen noch dem Gläubiger zugutekommen. Vor allem wird die Zahlung an den Gläubiger voraussichtlich angefochten und rückgängig gemacht (§§ 129 ff. InsO).

Der Gläubiger wird vom Insolvenzverwalter angeschrieben und zur Rückzahlung aufgefordert werden. Zuvor wird er Sie auffordern, ihm Ihre Kontoauszüge vorzulegen, sodass die betreffenden Zahlungen ermittelt werden. Zahlt der Gläubiger nicht, wird der Betrag durch eine sog. Anfechtungsklage herausgeklagt, sodass diesem weitere Kosten entstehen.

Insolvenzverwalter beschäftigen sich sehr oft mit Anfechtungsklagen und sind hierin besonders routiniert. Die Erfolgsaussicht einer Anfechtung richtet sich grundsätzlich nach dem zeitlichen Abstand zwischen Zahlung und Insolvenzantrag. Besonders einfach ist das Anfechten von Zahlungen, die innerhalb der dreimonatigen Frist zwischen Auszahlung und Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens lagen. Bei Zahlungen, die nicht in dieser Frist liegen, kann es zur Anfechtung kommen, wenn sie zu dem Zeitpunkt bereits zahlungsunfähig waren und der Sozialversicherungsträger davon wusste. Diese Kenntnis wird bereits anhand von Indizien hergeleitet – so z. Bdurch die Tatsache, dass ein Schuldner angemahnt werden musste.

Insoweit sollten Sie von Rückzahlungen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge absehen. Stellen Sie die Zahlungen an alle Gläubiger gleichermaßen ein!

Ich will gerne zumindest die Löhne meiner Angestellten begleichen – geht das noch?

Grundsätzlich stellt die Weiterzahlung von Lohn keinen Versagungsgrund nach § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO dar, wenn der Betrieb in der Aussicht aufSanierung kurzfristig aufrechterhalten wird.Bei der Zahlung des Lohns wird allerdings oft ein Fehler gemacht:

Bezahlt wird nur der Nettolohnt ohne Sozialversicherungsbeiträge.

Doch führt ein solches Handeln zu Strafbarkeit(§266a StGB). Dadurch bedingt wird auch die Restschuldbefreiung gefährdet.

Insoweit sollten Sie wie folgt handeln: Sie kürzen den Nettolohn anteilig soweit, dass auch die im selben Verhältnis gekürzten Sozialversicherungsbeiträge gezahlt werden können. Alternativ überweisen Sie den Arbeitnehmeranteil der Sozialversicherung.

Kann ich von meinen Lieferanten weiter Waren beziehen, ohne etwas von der Krise zu offenbaren?

Wenn sich ein Unternehmer oder Selbstständiger in einer Krise befindet, wird oft versucht, das Problem vor den Lieferanten geheim zu halten. Die Lieferungen werden dann wie gehabt fortgeführt.

Dieses Vorgehen kann allerdings schwerwiegende Folgen haben:

Wer bestellt, aber weiß, dass er nicht zahlen kann, kann sich des Betrugs strafbar machen(Eingehungsbetrug – §§ 263 ff. StGB)! Im Falle einer nicht abwendbaren Insolvenz drohtdazu dieVersagung der Restschuldbefreiung (§ 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO)., zumindest aber Ausschluss der Forderung von der Restschuldbefreiung (§ 302 InsO).

Erfolgt eine Zahlung an den Lieferanten, die nicht durch Anfechtung rückabgewickelt wird, liegt der Versagungsgrund der Gläubigerbenachteiligung vor (§ 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO).

Sie sollten umgehend alle Einkäufe stoppen – erlaubt sind Ihnen nur noch eingeschränkte, für eine besonders kurzfristige Geschäftsweiterführung unabwendbare Ausgaben. Diese sollten Sie in Form eines sog. “Bargeschäftes” tätigen.