Was passiert mit den Schulden, die im Insolvenzverfahren neu entstanden sind?

Im Insolvenzverfahren entstandene Schulden

Neue Schulden, die während des Insolvenzverfahrens entstehen, können weitreichende Auswirkungen haben. Bei der Restschuldbefreiung wird zwischen den Schulden vor Beginn des Insolvenzverfahrens und den neu entstandenen Schulden während des Verfahrens unterschieden. Dies hat zur Folge, dass die neuen Schulden nicht unter die Restschuldbefreiung fallen. Sie müssen diese unabhängig von Ihrem aktuellen Insolvenzverfahren tilgen. Im Hinblick auf die neuen Schulden sind Sie darüber hinaus nicht vor Vollstreckungen geschützt.

Neue Schulden allein stellen keinen Versagungsgrund dar

Allerdings stellen neue Schulden allein – entgegen eines weit verbreiteten Irrglaubens – keinen Versagungsgrund dar. So können Sie neue Schulden machen, ohne dass es Auswirkungen auf Ihr laufendes Insolvenzverfahren hat. Der große Nachteil ist, dass diese eben nicht durch die Restschuldbefreiung getilgt werden.

Zudem können neue Schulden im Insolvenzverfahren, die Sie nicht zurückzahlen können, einen strafbaren Eingehungsbetrug darstellen.

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Was kann zu einer Versagung der Restschuldbefreiung führen?

Die Restschuldbefreiung ist das Hauptziel eines jeden Insolvenzverfahrens. Sie tritt spätestens 6 Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein und führt dazu, dass Sie vollständig von Ihren Schulden befreit werden, unabhängig von Höhe und Anzahl Ihrer Gläubiger.

In einigen Fällen kann die Erteilung der Restschuldbefreiung jedoch verwehrt werden. Dies kann passieren, wenn ein Gläubiger dies im Schlusstermin beantragt. Ein Gläubiger wird die VErsagung der Restschuldbefreiung beantragen, wenn er Kenntnis erlangt, dass bei Ihnen einer der möglichen Gründe für eine Versagung der Restschuldbefreiung vorliegt.

Gemäß § 290 InsO muss einer der folgenden Gründe von Seiten des Schuldners vorliegen:

  • Eine Verurteilung gemäß §§ 283-283c StGB in den letzten 5 Jahren vor Stellung des Insolvenzantrages oder danach (z.B. wegen Gläubigerbegünstigung)
  • schriftliche fahrlässig falsche Angaben zu Vermögensverhältnissen in den letzten 3 Jahren, um Kredite oder Leistungen zu erhalten bzw. zu vermeiden
  • vorsätzlich oder grob fahrlässige Verletzung der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten
  • Eine Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger, Vermögensverschwendung oder Verzögerung des Verfahrens in den letzten 3 Jahren, ohne dass eine Aussicht auf Besserung der wirtschaftlichen Lage bestand
  • unrichtige oder unvollständige Angaben in den Gläubiger-, Forderungs- und Vermögensverzeichnissen bei der Stellung des Eröffnungs- bzw. Restschuldbefreiungsantrages
  • Beeinträchtigung der Gläubigerbefriedigung durch schuldhafte Verletzung der Erwerbsobliegenheit gemäß § 287b InsO

Der Grund, aus dem der den Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gestellt wird, muss dazu vom Gläubiger glaubhaft gemacht werden. Er benötigt also Beweise. Mehr zu den Versagungsgründen im Insolvenzverfahren.

Wie lange dauert das Insolvenzverfahren? Wurde es auf drei Jahre verkürzt?

Wurde das Insolvenzverfahren auf drei Jahre verkürzt?

Ja, die Dauer des Insolvenzverfahrens wurde mit Wirkung zum 01.10.2020 auf drei Jahre verkürzt. Alle Verfahren, die ab dem 1. Oktober 2020 beantragt wurden, profitieren von der kürzeren Verfahrensdauer.

Alle Informationen dazu finden Sie in unserem Beitrag zur Verkürzung auf drei Jahre durch Reform des Insolvenzrechts 2020.

Wann ist eine Verkürzung noch möglich?

Für alle Insolvenzverfahren, die zwischen dem 01.07.2014 und dem 17.12.2019 in Kraft getreten sind, gilt folgende Rechtslage: Ein Insolvenzverfahren dauert grundsätzlich 6 Jahre. Es kann unter gewissen Voraussetzungen jedoch auch bereits nach drei oder fünf Jahren abgeschlossen sein. Für Insolvenzverfahren, die zwischen dem 17.12.2019 und dem 30.09.2020 beantragt worden sind, hängt die Verfahrensdauer vom konkreten Datum der Antragstellung ab. Sie verkürzt sich um jeden vollen Monat, der seit dem Inkrafttreten der EU-Richtlinie am 17.07.2019 verstrichen ist.

Auch für diesen Übergangszeitraum besteht jedoch zusätzlich die Möglichkeit von einer weiteren Verkürzung zu profitieren. Diese Verkürzungsmöglichkeit ist für den Schuldner allerdings mit einigen Hürden gespickt. Die Verkürzung des Insolvenzverfahrens von bisher sechs auf drei Jahre ist nur möglich, wenn der Schuldner 35 % der ausstehenden Forderungen und Verfahrenskosten zahlt.

So errechnet sich die Quote von 35 %

Unserer Ansicht nach ist der erforderliche Betrag von 35 % der Schuldensumme zu hoch angesetzt. In der Regel ist der Prozentsatz, den Gläubiger im Insolvenzverfahren erhalten, im einstelligen Bereich. Eine Rückzahlung von 35 % ist daher eher wenigen Schuldnern möglich. Hier kann aber zu Ihren Gunsten gewertet werden, dass die Quote von 35 % nur an den tatsächlich angemeldeten Forderungen der Gläubiger gemessen wird – nicht an der Gesamtverschuldung. Andererseits kommen zu den 35 % noch die Kosten des Insolvenzverfahrens und des Insolvenzverwalters hinzu, so dass sich die Summe oftmals auf rund 50 % erhöht.

Dann kommt die Verfahrensverkürzung für Sie in Frage

Die Beantragung einer Verkürzung auf drei Jahre im Altverfahren kann für Sie besonders in Frage kommen, wenn Sie über ein hohes Einkommen verfügen und der pfändbare Anteil daher hoch ist, sowie die Schuldensumme insgesamt nicht sehr hoch ist.

Eine weitere Möglichkeit das Verfahren zu verkürzen besteht bei der Zahlung der Verfahrenskosten. Wenn der Schuldner die Verfahrenskosten bezahlt, kann eine Verkürzung auf fünf Jahre erfolgen. Die Möglichkeit hierzu ist weitaus mehr Schuldnern gegeben.

Wir beraten Sie jederzeit eingehend über die aktuellen Veränderungen. Nehmen Sie dazu gerne Kontakt zu uns auf.

Wir haben für Sie einen Online-Rechner erstellt, mit dem Sie den erforderlichen Betrag zur Verkürzung der Insolvenz auf drei Jahre berechnen können.

3-Jahres Insolvenz Rechner

Bitte geben Sie Ihre geschätzte Schuldensumme ein.

Diesen Betrag benötigen Sie zur Verkürzung der Insolvenz auf 3 Jahre.

Bitte beachten Sie, dass es sich dabei um einen Schätzwert handelt.

Wie viel muss ich in der Insolvenz zurückzahlen?

Es ist kein bestimmter Betrag festgelegt, den Sie in der Insolvenz zurückzahlen müssen. Vorgesehen ist jedoch eine monatliche Zahlung. Die Höhe dieser Zahlung ermitteln Sie anhand der aktuellen Pfändungstabelle. Der Betrag hängt von Ihrem Einkommen und Ihren Unterhaltspflichten ab. Der Insolvenzverwalter wird den pfändbaren Teil Ihres Einkommens berechnen und an die Gläubiger auskehren. Von diesem Betrag zahlt Ihr Insolvenzverwalter auch die entstehenden Gerichtskosten.

Bei vielen Personen liegt das Einkommen unterhalb des Pfändungsfreibetrages. Wenn Sie

  • ein geringes Einkommen haben,
  • arbeitslos sind
  • oder zahlreiche Unterhaltspflichten für Ehefrau und Kinder haben,

so kann von Ihrem Einkommen nichts gepfändet werden. Auch die Gerichtskosten müssen Sie in diesem Fall nicht bezahlen. Die Restschuldbefreiung erhalten Sie dennoch, auch wenn Sie während des Insolvenzverfahrens nichts zurückgezahlt haben.

Darf ich mein Auto in der Insolvenz behalten?

Ihr eigenes Auto gehört uneingeschränkt zur Insolvenzmasse. Es ist nicht mit einem Absonderungsrecht einer finanzierenden Bank belastet, sodass der Treuhänder im Privatinsolvenzverfahren eine Verwertung anstreben wird.

Allerdings bestehen zwei Möglichkeiten, Ihren PKW trotz Insolvenz behalten zu können:

  1. Falls Sie den PKWzur Ausübung Ihres Berufes benötigen, können Sie ihn auch in der Insolvenz behalten. Dies gilt auch dann, wenn das Auto von einem in Ihrem Haushalt lebenden Angehörigen für ebensolche Fahrten zum Arbeitsplatz benötigt wird. Sie sollten sich hierzu vom Arbeitgeber bestätigen lassen, dass der PKW zur Ausübung Ihres Berufes erforderlich ist bzw. stichhaltige Nachweise über einen zu langen Arbeitsweg mit den öffentlichen Verkehrsmitteln (Fahrpläne usw.) sammeln.Ähnliches gilt u. U. auch bei einer Gehbehinderung.Im Rahmen eines Feststellungsverfahrens beim Insolvenzgericht werden Sie hierzu nachweisen müssen, dass die Verwertung des Autos in der Insolvenz für Sie eine besondere Härte darstellen würde.
  2. Liegen die o. g. Voraussetzungen nicht vor, werden Sie das Auto auch aus der Insolvenzmasse heraus kaufen können. Der Treuhänder wird Ihnen diese Alternative als Erstes anbieten. Sie können den Wagen selbst erwerben. Alternativ kann das KFZ auch von einer Ihnen nahestehenden Person erworben werden.Wir empfehlen Ihnen, den Wagen bewerten zu lassen. Der Treuhänder wird damit in der Regel einverstanden sein, weil er sich über diese Entlastung freuen wird.

Was ist ein Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder?

Ein Insolvenzverwalter bzw. ein Treuhänder ist eine natürliche Person, die Erfahrung mit der entsprechenden Materie, also wirtschaftliche und juristische Kenntnisse, haben muss. Diese Erfahrung weisen z.B. Rechtsanwälte mit dem Fachgebiet Insolvenz auf.

Aufgabe des Insolvenzverwalters

Bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird der Insolvenzverwalter durch das Insolvenzgericht bestimmt. Die Aufgabe des Insolvenzverwalters ist es, die Insolvenzmasse festzustellen und zu verwalten. Hierbei muss er z.B. einzelne Gegenstände verwerten oder prüfen, ob diese wirklich Ihnen gehören.

Der Insolvenzverwalter kann jedoch auch abgesetzt werden. Hierzu müssen die Gläubiger auf der ersten Gläubigerversammlung sowohl durch kopfmäßige Mehrheit als auch durch die summenmäßige Mehrheit ihrer Ansprüche gegen Sie für einen neuen Insolvenzverwalter stimmen. Dessen Eignung wird dann vom Insolvenzgericht geprüft.

Mit dem Ende des Insolvenzverfahrens ist auch die Tätigkeit Ihres Insolvenzverwalters beendet. Er erhält erst zu diesem Zeitpunkt seine Vergütung, gemessen an der aktuellen Höhe der Insolvenzmasse. Aus diesem Grund steht es im Eigeninteresse des Insolvenzverwalters, einen möglichst großen Teil Ihres Vermögens der Insolvenzmasse zuzuführen.

Unser Rat an Sie lautet: Der Insolvenzverwalter ist keinesfalls Ihr “Verbündeter” im Insolvenzverfahren. Der Insolvenzverwalter steht grundsätzlich auf Seiten der Gläubiger. Es ist seine Aufgabe, eine möglichst hohe Befriedigungsquote der Gläubiger zu erreichen. Daher wird er im Zweifel beispielsweise Vermögensgegenstände aus Ihrer Wohnung pfänden und verwerten, wenn Sie nicht nachweisen können, dass diese nicht Ihnen gehören. Außerdem wird er zur Erhöhung der Insolvenzmasse prüfen, ob Sie vor der Insolvenz einzelne Gläubiger durch Zahlungen bevorzugt haben. Diese Zahlungen wird er ggf. anfechten. Allerdings wird er auch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen Ihrer Gläubiger anfechten.

Lesen Sie auch unseren Artikel zur Frage, ob Sie den Insolvenzverwalter wechseln können.

Was passiert nach dem Antrag als nächstes?

Ungefähr 5 Wochen nach der Vorbereitung des Insolvenzverfahrens und der Antragstellung wird das Privatinsolvenzverfahren eingeleitet. Im Zuge des Verfahrens wird ein Treuhänder bzw. Insolvenzverwalter zur Verwaltung Ihres Vermögens eingesetzt. Er verfügt dann über Ihr pfändbares Vermögen und verteilt es an die Gläubiger. Die unpfändbaren Einkünfte und Vermögensgegenstände hingegen dürfen Sie selbstverständlich behalten.

Nach der Verteilung des Vermögens beginnt die Wohlverhaltensperiode. Sie kommen während dieser Zeit nicht mehr mit dem Insolvenzgericht in Kontakt. Ihr Kontakt zum Treuhänder reduziert sich auf die jährliche Beantwortung eines Fragebogens. Weil Ihr Vermögen im Schlusstermin bereits verwertet wurde, müssen Sie auch nicht mehr Auskunft über jede erhaltene Zuwendung machen – Sie können jetzt Geld ansparen! Lesen Sie hier mehr zum richtigen Verhalten während der Wohlverhaltensperiode.

Nach dem Ende der Wohlverhaltensperiode kommt es zur Restschuldbefreiung. Sie werden von allen Schulden befreit.