Lange Zeit haben sich die Gerichte mit Urteilen zugunsten der Patienten in der Psychotherapie schwergetan. Dies ändert sich nun. Das Sozialgericht Berlin hat in einem bahnbrechenden Urteil einer Patientin den Kostenerstattungsanspruch für ihre Therapie bei einem privaten Therapeuten zugesprochen. Der Patientin stehe im Falle eines Systemversagens ein Anspruch auf Übernahme der entstehenden Kosten gegen die Krankenkasse zu.
Unser Kooperationspartner halloanwalt.de hat die wichtigsten Erkenntnisse des Urteilsspruchs in einem empfehlenswerten Artikel zusammengefasst.
Trotz des eindeutigen gesetzlichen Anspruchs der Patienten auf eine rechtzeitige notwendige Behandlung versuchen viele Krankenkassen, ihrer Pflicht zur Kostenübernahme für die Psychotherapie zu entgehen. Meist antworten sie mit pauschalen Ablehnungsschreiben oder gewähren nach monatelangem Papierkrieg nur Leistungen nach einem zu geringen Bemessungssatz. Dies geschieht auf dem Rücken der Patienten, die so noch längere Wartezeiten und eine Verschlimmerung ihrer Symptomatik in Kauf nehmen müssen. Gerade psychisch erkrankte Menschen lassen sich von einer pauschalen Ablehnung schnell entmutigen. Außerdem müssen die Patienten selbst beweisen, dass eine Therapie bei einem Kassentherapeuten mit einer unzumutbaren Wartezeit verbunden ist.
Die Krankenkasse lehnen eine Kostenübernahme vehement ab, da sie diese aus eigenen Mitteln aufbringen müssen. Eine Therapie mit einem Vertragstherapeuten wird jedoch von der Kassenärtzlichen Vereinigung getragen und ist damit nicht so kostspielig. Insbesondere seit der Inbetriebnahme der Terminservicestellen im April 2017 lehnen Krankenkassen die Kostenerstattung nach § 13 III SGB V im ersten Schritt flächendeckend ab. Ein Rechtsanwalt begleitet bereits die Antragsstellung, um die Weichen von Anfang an richtig zu stellen. Im Rahmen des Widerspruches kann dieser die Argumente der Krankenkasse meist besser entkräften als der juristische Laie. Spätestens im gerichtlichen Verfahren ist eine fundierte rechtliche Betreuung unerlässlich.
Sie können die Psychotherapie beginnen, sobald die Krankenkasse dem Kostenübernahmeverfahren stattgegeben hat. Den Bescheid hierüber erhalten Sie per Post. Ihr Psychotherapeut wird darüber nicht separat informiert. Daher sollten Sie zeitnah nach Erhalt des (positiven) Bescheids Ihren Therapeuten kontaktieren und einen Termin für den Beginn der Therapie vereinbaren. Kosten, die vor dem Bescheid der Krankenkasse anfallen, werden in der Regel nicht erstattet. In manchen Fällen kann es vorkommen, dass Psychotherapeuten das Erstgespräch abrechnen. Darüber müssen Sie jedoch im Vorhinein informiert werden.
Mit den probatorischen Sitzungen kann auch schon während des Kostenerstattungsverfahrens begonnen werden. Das finanzielle Risiko trägt jedoch der Patient bzw. der Therapeut je nach Vereinbarung. Wir empfehlen unseren Mandanten jedoch mit der Regeltherapie nicht zu beginnen, bis das Verfahren abgeschlossen ist, um das finanzielle Risiko gering zu halten. Es ist aber grundsätzlich kein Problem, auch die bereits entstandenen Kosten gegen die Krankenkasse geltend zu machen.
Die Krankenkassen versuchen meist, die Kosten lediglich in Höhe des sogenannten EBM (Einheitlicher Bewertungsmaßstab) zu erstatten. Dieser gilt aber nur für Kassenpsychotherapeuten und nicht für privat abrechnende Psychotherapeuten. Der Anspruch auf Kostenübernahme gilt jedoch für alle tatsächlich entstandenen Kosten, wenn bei erforderlicher Therapie nachgewiesenermaßen kein Kassenpsychotherapeut verfügbar ist. Die Beschränkung der Kosten auf den EBM ist daher eindeutig rechtswidrig. Wir verhelfen Ihnen und Ihrem Psychotherapeuten dazu, die abrechenbaren Gebühren für eine Privatbehandlung in der vollen Höhe nach GOP/GOÄ zu erhalten. Der Widerspruch muss auch hier wieder im Namen des Patienten erfolgen, da nur er den Anspruch auf Kostenübernahme gegenüber der Krankenkasse innehat.
Die Erfolgsaussichten hängen wesentlich von der Schlüssigkeit des Vorbringen ab. Von der Antragsstellung über den Widerspruch bis hin zur Klageerhebung sollte der Anspruch substantiiert vorgetragen werden. Im Folgenden stellen wir exemplarisch die wichtigsten Schritte dar.
Viele Krankenkassen verlangen trotz des neu eingeführten Formular PV11 weiterhin eine Notwendigkeitsbescheinigung eines Hausarztes oder Psychiaters. Darin wird aufgeführt, dass eine Psychotherapie für Sie dringend und unaufschiebbar ist, weil sich z.B. lange Wartezeit auf Ihre Arbeitsfähigkeit auswirken und sich Ihre Symptome verschlechtern könnten.
Seit dem 01.04.2017 sind alle Psychotherapeuten mit Kassenzulassung verpflichtet, wöchentliche Sprechstunden anzubieten. Obwohl der Sprechstundenbesuch für Patienten erst ab dem 01.04.2018 obligatorisch wird, wird er auch aktuell schon von einem Großteil der gesetzlichen Krankenkassen vorausgesetzt. Eine Liste aller kassenärztlich zugelassenen Psychotherapeuten finden Sie auf der Homepage der Kassenärztlichen Vereinigung Ihres Bundeslandes. Die jeweiligen Sprechstundenzeiten müssen auf dem Anrufbeantworter oder auf der Website der psychotherapeutischen Praxis genannt werden.
Der von Ihnen gewählte Psychotherapeut stellt Ihnen nach dem Besuch der Sprechstunde das sogenannte PV11-Formular aus, auf dem die notwendige Indikation vermerkt wird. Es ist wichtig, dass eines der sogenannten psychotherapeutischen Richtlinienverfahren (Verhaltenstherapie, analytische oder tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie) für Sie in Frage kommt und eine akute psychische Erkrankung (vor-)diagnostiziert wird.
Um darzustellen, dass die Krankenkassen in zumutbarer Zeit keinen Therapieplatz zur Verfügung stellen können, empfehlen wir unseren Mandanten ein Protokoll über die erfolglosen Kontaktversuchen mit Vertragspsychotherapeuten der Krankenkasse zu führen. Am sichersten ist hier ein Kontakt über E-Mail, da dieser sich auch im – etwaig notwendigen – gerichtlichen Verfahren als Beweis eignet. Sie benötigen je nach Ansicht in der Literatur zwischen sieben und fünfzehn Nachweise. Bitte notieren Sie sich, wie lange Sie in der jeweiligen Praxis auf einen Therapieplatz warten müssten.
Nun können Sie einen Psychotherapeuten Ihrer Wahl kontaktieren, den Sie mit Ihrer psychotherapeutischen Behandlung beauftragen möchten. Achten Sie hierbei darauf, dass auch dieser eins der Richtlinienverfahren (Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierte Therapie, analytische Psychotherapie) anbietet, da nur hierfür die Kosten von Seiten der Krankenkasse übernommen werden. Die Suche nach einem Psychotherapeuten in einer Privatpraxis ist aufgrund des höheren Angebots unproblematisch.
Jetzt können Sie bei Ihrer Krankenkasse den Antrag auf Kostenübernahme stellen. Da der Antrag zwar formlos gestellt werden kann, aber durchaus umfangreich ist, unterstützen wir Sie auch hier gerne mit Musterschreiben und Vordrucken. Neben einem Anschreiben benötigen Sie
In diesem Punkt unterstützen Psychotherapeuten Ihre Patienten häufig oder stellen den Antrag für diese. Selbstverständlich stehen auch wir Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite.
Die Krankenkassen lehnen die Anträge auf das Kostenübernahmeverfahren meist pauschal ab. Ab diesem Punkt werden wir für Sie tätig und übernehmen die weitere Kommunikation mit Ihrer Krankenkasse. Zunächst legen wir für Sie Widerspruch gegen die Ablehnung ein. Dabei möchten wir neben Ihrem Rechtsanspruch auf eine rechtzeitige Behandlung auch den anfallenden Kostensatz in voller Höhe durchsetzen. Trotz eindeutiger Rechtslage weigern sich viele Krankenkassen vehement, die anfallenden Kosten im vorgesehenen Umfang zu zahlen. Auch hierbei übernehmen wir die Verhandlungen mit der Krankenkasse für Sie.
Der Antrag muss immer von Ihnen gestellt werden, da nur der Patient selbst den Anspruch auf Kostenübernahme gegenüber seiner gesetzlichen Krankenkasse hat. Wir unterstützen Sie aber schon vor und während der Antragstellung, indem wir Ihnen Musterbriefe und geeignete Vordrucke zur Verfügung stellen.
Das Kostenübernahmeverfahren bezieht sich gemäß § 13 Abs. 3 SGB V auf unaufschiebbare notwendige Leistungen, die von der Krankenkasse selbst nicht erbracht wurden oder werden können. Diese Voraussetzungen können Sie in Form eines Antrags nachweisen. In dem Antrag legen Sie dar, dass Sie in zumutbarer Nähe und Wartezeit keinen Therapieplatz gefunden haben. “Zumutbar” bedeutet in der Praxis, dass Sie innerhalb der nächsten drei Monate keinen Therapieplatz erhalten werden. Wenn Sie innerhalb dieser Frist keinen Platz bei einem Therapeuten finden können, der direkt mit der GKV abrechnet, liegt ein Systemversagen vor. Das heißt, die Krankenkasse kommt ihrem Auftrag einer bedarfsgerechten, wohnortnahen Versorgung nicht angemessen nach. Sie als Versicherter haben dann das Recht, sich die notwendige Leistung selbst zu beschaffen. Der Krankenkasse teilen Sie außerdem mit, in welcher Privatpraxis Sie eine Therapie beginnen könnten.