Wenn ein Schuldner nicht weiter zahlen kann, unternehmen die Gläubiger gewisse Schritte, die sich immer wieder gleichen. Oftmals kommt es erst durch diese Schritte zur Schuldensituation. Schuldner können oftmals erst dann nicht ihre gesamten Schulden tragen, wenn die sehr hohen Inkassogebühren einsetzen.
Der erste Schritt eines Gläubigers ist eine Zahlungsaufforderung gefolgt von einer Mahnung. Dieser Mahnlauf erfolgt zunächst intern durch den Gläubiger selbst. In dieser Phase wächst die Forderung das erste Mal an: es entstehen sogenannte Verzugszinsen.
Hiernach leiten Gläubiger ihre Forderung oftmals an ein Inkassobüro. Ein Inkassounternehmen wird entweder mit der Beitreibung beauftragt oder kauft die Forderung gar an. Optimalerweise setzt eine Schuldnerberatung bereits hier an. Wir teilen Ihren Gläubigern mit, dass Sie zahlungsunfähig sind. In diesem Fall dürfen Ihnen keine Gebühren durch das Inkassounternehmen auferlegt werden. Diese Kosten wären nicht notwendig im Sinne von § 788, 91 ZPO und daher auch vom Gläubiger selbst zu tragen. Meistens reagieren Schuldner verspätet und begeben sich erst nach den ersten Vollstreckungsmaßnahmen in eine Schuldnerberatung. In solchen Fällen wachsen die Schulden gerade während der Arbeit eines Inkassounternehmens sehr stark an.
Der nächste Schritt liegt oftmals im Antrag eines Gläubigers auf den Erlass eines Mahnbescheids. Wenn Sie davon ausgehen, dass die Forderungen unbegründet sind, sollten Sie Widersprch einlegen. In diesem Fall überprüft das Gericht den Bestand und die Höhe der Forderungen der Gläubiger.
Wenn Sie von dem Bestand der Forderung ausgegangen sind und keinen Widerspruch gegen den Mahnbescheid eingelegt haben, erlässt das Amtsgericht auf Antrag des Gläubigers einen Vollstreckungsbescheid. Sollten Sie gegen den vorangegangenen Mahnbescheid verspätet Widerspruch eingelegt haben, können Sie gegen den Widerspruchbescheid einen Einspruch einlegen – dann wird das Gericht widerum den Bestand der Forderung prüfen. Diesen sollten Sie nur einlegen, wenn Sie davon ausgehen, dass die Forderung nicht besteht.
Die Zwangsvollstreckung ist zumeist der letzte Schritt des Vorgehens eines Gläubigers. Sie kann geschehen, wenn der Vollstreckungsbescheid rechtskräftig geworden ist. Hierbei kommt es typischerweise zu einer Kontopfändung, einer Lohnpfändung oder weniger oft zum Besuch eines Gerichtsvollziehers. Auch die Abgabe eines Vermögensverzeichnisses stellt eine Vollstreckungsmaßnahme dar.
Ein wichtiges Ziel des Insolvenzverfahrens ist der umfassende Pfändungsschutz. Er wird sofort mit Eröffnung der Privatinsolvenz erreicht (§ 89 InsO).
Ab diesem Zeitpunkt brauchen Sie die (eventuellen) Schreiben Ihrer Gläubiger nicht mehr zu beachten. Es entfallen also alle nervenaufreibende Briefe. Auch der Gerichtsvollzieher wird Sie in Zukunft in Ruhe lassen. Er darf nicht mehr pfänden und Sie auch nicht mehr zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung auffordern.
Allerdings werden Sie bereits vor der Insolvenzeröffnung vor Pfändungen geschützt. Dieser Schutz ist allerdings mittelbarer Natur: Ihnen kann das Anfechtungsrecht des Insolvenzverwalters zugutekommen.
Das Anfechtungsrecht steht dem Insolvenzverwalter zu. Merkt er anhand der von Ihnen eingereichter Kontoauszüge, dass Gläubiger vor der Insolvenz gegen Sie vollstreckt haben, ficht er die Vollstreckungen an. Diese werden daraufhin rückgängig gemacht. Das bedeutet für Sie: für Gläubiger zahlt es sich nicht aus, gegen Sie vor einer Insolvenz zu vollstrecken – man sollte sie nur darauf aufmerksam machen.
Durch das Anfechtungsrecht (§§ 129 ff. InsO) können alle Vollstreckungen von Gläubigern rückgängig gemacht werden, die innerhalb eines Monats vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens stattgefunden haben.
Durch das Anfechtungsrecht (§§ 129 ff. InsO) können zudem die Vollstreckungen von Gläubigern rückgängig gemacht werden, die innerhalb von drei Monaten vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die in Kenntnis des Gläubigers von der Zahlungsunfähigkeit eines Schuldners stattgefunden haben. Diese Kenntnis liegt immer vor – denn wir schreiben alle Gläubiger an und machen diese auf Ihre Absicht, sich zu entschulden, aufmerksam. So gehen wir für Sie bei einer Privatinsolvenz vor.
Um Sie vor Vollstreckungen zu schützen, schreiben wir deshalb alle Gläubiger schnellstmöglich an und machen sie auf das Anfechtungsrecht aufmerksam. Wir verdeutlichen den Gläubigern, dass eine Vollstreckung nur kosten verursachen wird – denn für eine Vollstreckung muss ein Gläubiger bezahlen. Die Gläubiger kennen dann Ihre schwierige finanzielle Situation und wissen, dass ihnen bei einer Vollstreckung die Rückzahlung des von Ihnen erhaltenen Betrages droht.
Die Restschuldbefreiung beseitigt im Normalfall die Forderungen aller Insolvenzgläubiger (§ 301 InsO). Das bedeutet für Sie: auch Forderungen des Finanzamtes sind von der Restschuldbefreiung umfasst und werden nach Ablauf einer Insolvenz vom Finanzamt nicht mehr gegen Sie geltend gemacht.
Viele Mandanten unterliegen einem Irrtum und denken, dass dies nicht der Fall ist. Allerdings können wir hier ganz klar bestätigen, dass normale Forderungen des Finanzamtes komplett wegfallen, wenn Sie Ihre Steuerschuld nicht tragen konnten. Dies gilt sowohl für Steuerforderungen als auch für die Säumniszuschläge des Finanzamtes.
Davon gibt es eine Ausnahme: So wir die Steuerhinterziehung ausdrücklich von der Restschuldbefreiung ausgenommen (§ 302 InsO). Dies gilt seit der Reform des Insolvenzrechtes im Juli 2014.
Von dieser Ausnahme gibt es allerdings wiederum eine Ausnahme, die Ihnen zugute kommt falls Sie eine Steuerhinterziehung begangen haben. So werden Steuerforderungen und auch die Säumniszuschläge des Finanzamtes aus einer Steuerhinterziehung von der Restschuldbefreiung erfasst, wenn das Steuerstrafverfahren eingestellt worden ist. Denkbar ist dies etwa gegen eine Zahlungsauflage gemäß § 153a StPO. Dann bleibt es dabei, dass es sich bei dieser Steuerschuld nicht um eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung handelt (siehe Uhlenbruck-Vallender, Komm. InsO, 13. Aufl., § 302 Rn. 12).
Achtung: die Reform der Insolvenz ist am 01.07.2014 in Kraft getreten! Lesen Sie hier mehr dazu..
Die Reform der Privatinsolvenz tritt am 01.07.2014 in Kraft. Hierzu stellen uns viele Mandanten die Frage, ob ein Antrag jetzt oder später gestellt werden sollte.
Von der Reform der Privatinsolvenz 2014 können Sie als entweder profitieren oder Nachteile erleiden – durch eine unserer Meinung nach nicht weit genug gehende Regelung der Verkürzung der Restschuldbefreiung kommt sie leider einer nur kleinen Schuldnergruppe zugute.
Wir empfehlen angesichts der Reform der Privatinsolvenz 2014 grundsätzlich zweierlei:
– Mandanten, welche von einem Antrag auf Privatinsolvenz nach jetzigem Recht profitieren, empfehlen wir zumeist eine sofortige Antragstellung
– Mandanten, welche von der Reform der Verbraucherinsolvenz 2014 profitieren, empfehlen wir zu einem Insolvenzantrag nach ihrem Inkrafttreten
Die Reform der Privatinsolvenz 2013 bietet Schuldnern mit einem hohen Einkommen und einen relativ geringen Schuldenstand einen Vorteil: Wenn in den ersten 36 Monaten 35% der angemeldeten Forderungen und die Verfahrenskosten (ca. 1500 – 3000 €) bedient werden, wird eine vorzeitige Restschuldbefreiung nach lediglich 3 Jahren gewährt (Verkürzung des Insolvenzverfahrens).
Die Berechnung der 35 % Ihrer Gesamtschulden ist einfach. Sie multiplizieren die Schuldsumme mal 0,35.
Viel schwieriger gestaltet sich die Berechnung der Kosten des Insolvenzverfahrens. Denn diese Kosten richten sich nach dem Betrag, welchen Sie an die Gläubiger während der Insolvenz zurückzahlen (nicht nach der Schuldsumme!). Somit können sie erheblich variieren.
Können innerhalb von 5 Jahren die Verfahrenskosten gedeckt werden, tritt die Restschuldbefreiung, sparen Sie ein Jahr.
Die Reform der Privatinsolvenz 2014 kommt unserer Meinung nach einem viel zu geringen Teil der Schuldner zugute. Statistisch gesehen bieten die meisten Verbraucherinsolvenzverfahren eine deutlich geringere/gar keine Befriedigung der Gläubiger, sodass nur ein sehr geringer Teil von der Reform der Verbraucherinsolvenz 2014 profitieren wird.
Sollten Sie von der neuen Rechtslage nach der Reform der Privatinsolvenz 2014 profitieren, dann sollten Sie unbedingt zuwarten! Fragen Sie uns, wie wir Ihnen in dieser Zeit beim Umgang mit Ihren Gläubigern helfen können. Anderenfalls zögern Sie nicht mit der Stellung des Insolvenzantrags, um (1) schneller zu Ihrer Entschuldung, (2) zum umfassenden Pfändungsschutz und ggf. (3) zu den Vorteilen der jetzigen Rechtslage zu kommen.
Die derzeitige Rechtslage vor der Reform der Verbraucherinsolvenz 2014 bietet Ihnen einige deutlich bessere Bedingungen. Insbesondere folgende Nachteile wird es für Schuldner zugunsten von Gläubigern geben:
1. ÄNDERUNG: GENÜGEN EINES SCHRIFTLICHER ANTRAGS AUF VERSAGUNG DER RESTSCHULDBEFREIUNG STATT DES DERZEIT ERFORDERLICHEN MÜNDLICHEN ANTRAGSTELLUNG
2. ÄNDERUNG: AUSWEITUNG DER VERSAGUNG WEGEN UNANGEMESSENER VERBINDLICHKEITEN ODER VERMÖGENSVERSCHWENDUNG AUF DREI JAHRE
3. ÄNDERUNG: MÖGLICHKEIT DER NACHTRÄGLICHEN VERSAGUNG DER RESTSCHULDBEFREIUNG AUF GRUNDLAGE DER § 290 InsO
4. ÄNDERUNG: EINTRITT DER ERWERBSOBLIEGENHEIT BEREITS AB ERÖFFNUNG DES INSOLVENZVERFAHRENS
5. ÄNDERUNG: ZUSÄTZLICHE, VON DER ERTEILUNG DER RESTSCHULDBEFREIUNG AUSGENOMMENE FORDERUNGEN
6. ÄNDERUNG: EINTRAGUNG VON VERSAGUNG UND WIDERRUF DER RESTSCHULDBEFREIUNG IM SCHULDNERVERZEICHNIS
Wenn Sie ein hohes Einkommen haben, sollte Ihr Antrag nach dem Inkrafttreten der Reform gestellt werden. Anderenfalls sollten Sie nicht zögern. Wir führen für Sie gerne eine entsprechende Beratung durch!
Wenn Sie sich mit Ihren Gläubigern während des Insolvenzverfahrens oder der Wohlverhaltensperiode durch einen Schuldenvergleich einigen, können Sie während der Wohlverhaltensperiode eine vorzeitige Erteilung der Restschuldbefreiung beantragen. Dies gilt auch dann, wenn Sie zur Befriedigung der Gläubiger ein Kredit aufgenommen haben.