BGH zur Markenrechtsverletzung: Wann entfällt eine Wiederholungsgefahr?
Eine erneute Markenrechtsverletzung trotz strafbewehrter Unterlassungserklärung begründet erneut eine Wiederholungsgefahr. Diese kann dann nur durch eine neue Unterwerfungserklärung mit nunmehr erheblich höherer Strafbewehrung ausgeräumt werden.
Gibt es allerdings bereits ein Vertragsstrafe-Versprechen nach dem so genannten “Hamburger Brauch” so ist darin eine solche höhere Strafbewehrung bereits enthalten. Bei dieser Konstellation kann eine Vertragsstrafe auch in vorab nicht absehbarer Höhe festgesetzt werden, was für den Wiederholungsfall eine hinreichende Abschreckungswirkung hat. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Der konkrete Fall
In den zugrundeliegenden Fall war eine Automobilherstellerin Inhaberin zweier Unionswortmarken für Teile von Landfahrzeugen. Die Betreiber eines Internethandels für Autozubehör, u.a. Türlichter für Kraftfahrzeuge, hatten Produkte mit einer Bezeichnung vertrieben, die ein Inlay mit den beiden Unionsmarken der Automobilherstellerin aufwiesen.
Im Zuge einer darauf folgenden markenrechtlichen Auseinandersetzung gaben die Internethändler eine auf die konkrete Verletzungshandlung bezogene Unterlassungserklärung nach dem so genannten “Hamburger Brauch”, d.h. ohne bezifferte Vertragsstrafe, ab. Damit verpflichteten sie sich, für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung eine von der Automobilherstellerin nach billigem Ermessen festzusetzende und im Streitfall gerichtlich auf ihre Angemessenheit zu überprüfende Vertragsstrafe zu zahlen. Die Automobilherstellerin nahm diese Erklärung an.
Einige Zeit später erwarben Testkäufer von den Onlinehändlern Türlichter, die wieder ein Inlay mit den beiden Unionsmarken der Automobilherstellerin aufwiesen. Diese mahnte sie ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung mit einer nunmehr genau bezifferten Vertragsstrafe auf. Als die Onlinehändler daraufhin wieder eine Unterlassungserklärung nach “Hamburger Brauch” abgeben wollten, nicht aber eine mit bezifferter Vertragsstrafe, kam es zum Prozess.
Das Urteil des BGH
Ein in der Höhe unbegrenztes Bestimmungsrecht, wie es die Erklärung nach “Hamburger Brauch” vorsehe, habe den Vorteil, bei gravierenden Markenrechtsverletzungen auch eine Vertragsstrafe bestimmen zu können, die erheblich über der liege, die für einen festen Betrag im Hinblick auf die zuvor begangene Verletzungshandlung angemessen gewesen wäre, entschied der BGH.
Eine solche Vertragsstrafevereinbarung sei deshalb sogar besonders gut geeignet, Wiederholungen der Verletzungshandlung zu verhindern, da der Schuldner ein höheres Strafrisiko fürchten müsse.
Die im Wiederholungsfall grundsätzlich erforderliche höhere Strafbewehrung wohne einem Vertragsstrafeversprechen nach “Hamburger Brauch” bereits inne. Durch die Möglichkeit, eine Vertragsstrafe auch in vorab nicht abzusehender Höhe festzusetzen, entfalte es im Wiederholungsfall dem Schuldner gegenüber die notwendige Abschreckungswirkung. Die Angabe einer bezifferten Untergrenze, so der BGH, sei deshalb nicht erforderlich.
BGH I ZR 144/21
Andre Kraus, Rechtsanwalt und Gründer der Anwaltskanzlei, ist Ihr Ansprechpartner in Sachen Gründung, Markenrecht, Reputationsschutz und Unternehmensrecht.
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