Die Gefahr eines wirtschaftlichen Schadens bei Nichteinhaltung der Vorgaben der EU-DSGVO droht nicht nur von Datenschutzbehörden und deren Bußgeldern. Die Behörden haben überwiegend eine Beratungsfunktion und vergeben nach eigener Aussage zunächst eine Verwarnung, bevor sie von dem Bußgeldkatalog Gebrauch machen. Die größere Gefahr geht von Abmahnungen auf nationaler Ebene aus, die ebenfalls von unterschiedlichen Akteuren erfolgen können.
Abmahnungen möglich bei wettbewerbsrechtlich relevanten Datenschutzverstößen
Datenschutzrechtliche Abmahnungen werden dann ausgesprochen, wenn der Verstoß gegen das Datenschutzgesetz dem Unternehmen einen wettbewerblichen Vorteil verschafft hat. Werden etwa Daten von Webseitenbesuchern erhoben, ohne Einwilligung oder entsprechende Erklärung, und dadurch ein Vorteil gegenüber der Konkurrenz erzielt, ist eine Abmahnung naheliegend.
Abmahnungen durch Wettbewerber und Verbände
Im Gegensatz zu vielen anderen EU-Ländern, hat Deutschland ein Verbandsklagerecht bei Datenschutzverstößen eingeführt. Somit besteht nicht nur für direkte Wettbewerber, sondern auch für Verbraucherschutz- oder Wettbewerbsverbände ein Recht zur Abmahnung.
Risiko der Abmahnung höher als Geldbuße durch Datenschutzbehörde
Die Gefahr, aufgrund eines Datenschutzverstoßes abgemahnt zu werden, ist deutlich höher, als Subjekt einer Geldbuße zu werden. Während die Datenschutzbehörden sich auch als Berater verstehen, liegt der Fokus der entsprechenden Verbände hauptsächlich auf der Verfolgung von Verstößen. Zudem verfügen die meisten Verbände über das entsprechende Budget, um den Rechtsweg bis zum Gerichtsverfahren zu bestreiten. Da die Verbände jedoch kein Zutrittsrecht zu Unternehmen haben, anders als die Datenschutzbehörden, können sie allerdings nur Verstöße abmahnen, die von außen erkennbar sind.
Abmahnungen nach dem Unterlassungsklagengesetz (UKlaG)
Seit der Erneuerung des § 2 Abs. 2 UKlaG am 24.04.2016 können nun auch Verbraucherschutzverbände wegen datenschutzrechtlicher Verstöße abmahnen und gegen die rechtsverletzende Partei einen Unterlassungsanspruch geltend machen. Die Neuerung sieht hierfür eine Zulässigkeit vor, wenn personenbezogene Daten eines Verbrauchers erhoben, verarbeitet oder genutzt werden zu:
- Werbezwecken,
- Marktforschungen,
- dem Betrieb einer Auskunftei,
- der Erstellung von Persönlichkeits- und Nutzungsprofilen,
- dem Adresshandel oder
- sonstigem Datenhandel.
Zulässig ist die Abmahnung durch Verbraucherschutzverbände auch bei vergleichbaren profitorientierten Zwecken.
Abmahnungen nach dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG)
Zudem sind Abmahnungen aufgrund des UWG möglich. Die Abmahnung aufgrund eines datenrechtlichen Verstoßes ist vor allem dann gegeben, wenn ein datenschutzrechtlicher Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung i.S.d. § 3a UWG vorliegt. Zudem kann auch abgemahnt werden, wenn der Verstoß einen Fall der Irreführung darstellt (§ 5 UWG) oder unverlangte Werbung versendet wurde (§ 7 UWG).
Welche Datenschutznormen der DSGVO als Markenverhaltensregelung ausgelegt werden können, wird in Zukunft erst die Rechtsprechung zeigen. Bisher scheiden sich hier die Geister.
Es wird auf eine Einzelprüfung der betroffenen Norm ankommen. Bisher wurden folgende Datenschutzvorschriften als Marktverhaltensregelungen kategorisiert und sind daher wettbewerbsrechtlich für Abmahnungen relevant:
- Datenschutzhinweis nach 13 Abs. 1 TMG.
- Datenverarbeitung für Werbezwecke ohne Einwilligung, 28 Abs. 3 BDSG.
- Verwendung der personenbezogenen Daten außerhalb des eingewilligten Zwecks, 28 Abs. 1 BDSG.
Neue Abmahngefahr nach Einführung der DSGVO
Welche Normen der DSGVO wettbewerbsrechtlich relevant werden, lässt sich aktuell nur schwer feststellen. Der BGH hat dazu entschieden, dass der Verstoß gegen eine derartige Ordnungsvorschrift i.S.d. Art. 24 ff. DSGVO nicht nur objektiv feststellbar, sondern subjektiv planmäßig und bewusst erfolgt sein müsse. Eine derartige Subjektivität lässt sich allerdings nur schwer feststellen. Es ist jedoch gerade die Unsicherheit und Unkenntnis über die rechtliche Lage, die von abmahnenden Parteien genutzt wird.
Folgen einer Abmahnung
Die DSGVO öffnet Abmahnern Tür und Tor. Sollte tatsächlich ein wettbewerbsrechtlicher Datenschutzverstoß vorliegen und die Abmahnung somit berechtigt sein, so müssen abgemahnte Unternehmen mit kostspieligen Folgen rechnen.
Bußgelder aufgrund eines Datenschutzverstoßes werden von Datenschutzbehörden verhängt. Bei Abmahnungen hingegen droht der Zwang zum Unterschreiben einer Unterlassungserklärung, die Begleichung der Rechtsverfolgungskosten des Abmahners, die Zahlung von Schadensersatz (§ 9 UWG) oder sogar die Abschöpfung der Gewinne, die der Verantwortliche durch die Missachtung der Datenschutzanforderungen erwirtschaftet hat.
Korrektes Verhalten beim Erhalt einer Abmahnung
Juristen warnen vor einer Abmahnwelle, mit der Unternehmen nach Inkrafttreten der DSGVO rechnen müssen. Ob dies wirklich der Fall sein wird, wird sich zeigen. Eine besondere Gefahr geht vor allem von den Abmahnungen aus, die sich durch die allgemeine Unrechtssicherheit zur DSGVO-Umsetzung im praktischen Betriebsalltag ergibt.
Entsprechende Kanzleien oder Verbraucherverbände könnten genau diese Unsicherheit nutzen. Tatsächlich sollten Abgemahnte in einem datenschutzrechtlichen Zusammenhang genau prüfen lassen, ob die Abmahnung gerechtfertigt ist. Es ist mit zahlreichen Gerichtsverfahren zu rechnen.
Kein voreiliges Schuldeingeständnis
Unternehmen, die eine Abmahnung erhalten, sollten die folgenden Schritte durchführen, um eine DSGVO-Abmahnung abzuwehren.
- Unterlassungserklärung nicht ungeprüft unterschreiben
Die DSGVO und deren wettbewerbsrechtliche Bedeutung ist komplettes Neuland. In vielen Fällen werden Unternehmen eine ungerechtfertigte Abmahnung erhalten, die gleichzeitig deutlich teuer ist als angemessen.
- Nicht mit dem Abmahner in Kontakt treten
Wenn Sie voreilig mit dem Abmahner in Kontakt treten, könnte dies wie ein Schuldgeständnis wirken. Vermeiden Sie daher die Kontaktaufnahme in jedem Fall.
- Nehmen Sie Kontakt zu einem Anwalt auf
Lassen Sie die Abmahnung anwaltlich prüfen und bereiten Sie sich unter Umständen auf entsprechende Gegenmaßnahmen vor.