Ansprüche bei Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts – Was kann man verlangen?
Ist die Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts einmal festgestellt, stellt sich sofort die Frage, welche Ansprüche der Verletzte geltend machen kann. Dies hängt vom Rechtsschutzziel sowie weiteren rechtlichen Voraussetzungen ab. Zum Beispiel ist zwischen ideellen oder vermögensrechtlichen Bestandteilen zu differenzieren. Zudem erfordern manche Ansprüche ein Verschulden des Anspruchsgegners, während andere verschuldensunabhängig sind. Letzteres erleichtert die Durchsetzung des Anspruch teilweise erheblich.
Unterlassungsanspruch
Der Unterlassungsanspruch ist ein wichtiger, verschuldensunabhängiger Anspruch. Er leitet sich aus §§ 1004 Abs.1 analog in Verbindung mit § 823 ff. BGB ab. Rechtsschutzziel des Unterlassungsanspruchs ist entweder
- eine drohende, erstmalige Verletzung (Erstbegehungsgefahr) des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu verhindern
- oder die Fortsetzung bzw. Wiederholung verletzender Handlungen (Wiederholungsgefahr) zu unterbinden.
Voraussetzung ist also u.a. die konkrete Gefahr einer erstmaligen oder wiederholten Verletzung des APR (BGH, Urteil vom 19.10.2004, VI ZR 292/03). Der Unterlassungsanspruch hat also den Zweck, künftiges Verhalten des Anspruchsgegners, des sog. Störers, zu steuern.
Eine Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr kann man annehmen, wenn ernsthafte Tatsachen darauf hindeuten, dass in der Zukunft Verletzungshandlungen erstmalig oder erneut vorgenommen werden. Gerade bei einer bereits erfolgten Verletzung wird die Wiederholungsgefahr grundsätzlich vermutet. Diese Vermutung kann auf unterschiedliche Weise widerlegt werden. Insbesondere kann man vom Störer eine strafbewehrte Unterlassungserklärung einfordern. Durch diese verpflichtet sich der Störer künftig von der Verletzungshandlung bzw. vergleichbaren Handlungen unter Strafe abzusehen.
Aus dem Unterlassungsanspruch kann nicht nur derjenige verpflichtet werden, der sich bspw. unmittelbar rechtsverletzend äußert. Sogenannter Störer ist vielmehr jeder, der mitursächlich einen Beitrag zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beisteuert.
Die Betreiber von Meinungs-und Bewertungsforen sind z.B. dann Störer und eben auch für das rechtswidrige Verhalten Dritter verantwortlich, wenn sie zumutbare Verhaltenspflichten verletzen. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn sie von der konkreten Äußerung Kenntnis hatten und entgegen ihrer Einwirkungsmöglichkeiten nichts gegen die Verbreitung dieser Äußerung unternehmen (vgl.BGH · Urteil vom 25. Oktober 2011 · Az. VI ZR 93/10).
Beseitigungsanspruch (Widerruf, Berichtigung, Ergänzung)
Der Beseitigungsanspruch leitet sich aus § 1004 Abs.1 BGB analog in Verbindung mit §§ 823 ff. BGB ab und ist wie der (vorbeugende) Unterlassungsanspruch verschuldensunabhängig. Während der Unterlassungsanspruch auf künftiges Verhalten gerichtet ist, ist das Rechtsschutzziel des Beseitigungsanspruchs eine bereits eingetretene, fortdauernde Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu beseitigen. Eine Fortwirkung der Beeinträchtigung besteht dann, wenn die Äußerung eine sich stetig erneuernde Quelle der Rechtsgutsverletzung bildet (BGH MDR 60,371).
Der Beseitigungsanspruch besteht nur bei Äußerungen, die unwahre Tatsachenbehauptungen darstellen. Bei Werturteilen ist er hingegen generell nicht anwendbar, auch nicht bei beleidigenden. Dabei obliegt es dem Anspruchsteller, die Unwahrheit einer Tatsachenbehauptung zu beweisen. Allerdings wird ihm dies insoweit erleichtert, als den Anspruchsgegner eine sogenannte sekundäre Darlegungslast trifft. Das bedeutet, dass Letzterer Tatsachen angeben muss, die für die Wahrheit seiner Behauptung sprechen.
Aus dem Erfordernis, dass nur unwahre Tatsachenbehauptungen dem Beseitigungsanspruch zugänglich sind, kommen unterschiedliche Beseitigungsformen in Betracht. Diese sind
- Widerruf
- Berichtigung
- Ergänzung
Welche Form der Beseitigung verlangt werden kann, richtet sich nach dem Grad der Unwahrheit und in welchem Umfang sie nachgewiesen werden kann.
Anspruch auf Widerruf
Beim zweifelsfreien Nachweis einer unwahren Tatsache kann der Geschädigte vom Störer einen vollständigen Widerruf der rechtswidrigen Behauptung verlangen. In inhaltlicher Hinsicht muss der Widerruf zumutbar sein. Es muss lediglich eine wahre Tatsachenbehauptung erfolgen. Genugtuung des Opfers oder Demütigung des Störers ist nicht das Ziel des Widerrufs.
“Die in unserer Online-Zeitung im Beitrag “Mißhandlungen an der Schule” getätigten Aussagen, die Lehrerin S habe Schüler geohrfeigt widerrufen wir. Diese Behauptung ist unwahr. Die Redaktion.”
Der Widerruf kann auch als eingeschränkter Widerruf (Distanzierung) erfolgen, wenn ungewiss ist, ob die Tatsachenbehauptung der Wahrheit entspricht oder nicht. Beispiel:
“Wir halten die Aussage […] nicht mehr aufrecht, da unsere Quelle nicht mehr als hinreichend vertrauenswürdig angesehen werden kann.”
Anspruch auf Berichtigung und Ergänzung
Ein Beseitigungsanspruch besteht auch dann, wenn die getätigten Aussagen nicht an sich unwahr sind, jedoch einen verfälschenden, übertriebenen, missverständlichen oder verzerrten Eindruck hinterlassen.
Bei einer Berichtigung werden verfälschende oder entstellende Tatsachenbehauptungen korrigiert. Beispielsweise:
“In unserer Zeitung S vom 30.05.2017 haben wir in dem Beitrag “Immer wieder Ärger mit den Zs” fälschlich behauptet, Z-Chaoten hätten drei Fensterscheiben eingeschlagen. Dies ist falsch. Unbekannte haben drei Fensterscheiben eingeschlagen. Die Redaktion.”
Eine Ergänzung erfolgt hingegen dann, wenn zwar wahre Tatsachen behauptet werden, jedoch wesentliche Elemente eines Sachverhalts nicht mitberichtet werden, sodass ein missverständlicher Eindruck entsteht:
“Monatelang ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen den Prominenten Y und führte auch Hausdurchsuchungen in seiner Villa durch. Es bestand der Verdacht auf Betrug. Es muss ergänzend mitgeteilt werden, dass das Ermittlungsverfahren mittlerweile mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt wurde.” (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil v. 27.10.2010, Az. I-15 U 79/10)
Zu beachten ist auch, dass Widerruf, Berichtigung oder Ergänzung auf die gleiche Art und Weise zu erfolgen haben wie die ursprünglich verletzende Handlung. Dies beinhaltet bei medialer Verbreitung von Aussagen auch, dass beispielsweise Artikel an der gleichen Stelle und in der gleichen Größe veröffentlicht werden wie der ursprüngliche rechtsverletzende Artikel. Dies gilt entsprechend auch, wenn der Artikel auf der Titelseite einer Zeitung erschienen war.
Gegendarstellungsanspruch
Der Gegendarstellungsanspruch ähnelt in seinen Voraussetzungen dem Beseitigungsanspruch. Genau wie dieser bezieht er sich nicht auf Meinungen, sondern lediglich auf Tatsachenbehauptungen. Im Gegensatz zu Widerruf, Berichtigung und Ergänzung erfolgt die Gegendarstellung jedoch nicht durch den ursprünglichen Störer, sondern durch den Geschädigten. Diesem wird Gelegenheit gegeben an genau der gleichen Stelle und in der gleichen Art und Weise seine Sicht der Dinge der Öffentlichkeit mitzuteilen.
Der Gegendarstellungsanspruch ist in unterschiedlichen Gesetzen normiert, insbesonderen den Landespressegesetzen (vgl. bspw. § 11 LandespresseG NRW) oder § 56 Rundfunkstaatsvertrag (RStV).
“Der verantwortliche Redakteur und der Verleger eines periodischen Druckwerks sind verpflichtet, eine Gegendarstellung der Person oder Stelle zum Abdruck zu bringen, die durch eine in dem Druckwerk aufgestellte Tatsachenbehauptung betroffen ist. Die Verpflichtung erstreckt sich auf alle Neben- oder Unterausgaben des Druckwerks, in denen die Tatsachenbehauptung erschienen ist.” (§ 11 LandespresseG NRW)
Der Gegendarstellungsanspruch ermöglicht es dem Verletzten, in journalistisch-redaktionell bearbeiteten Medien (Zeitungen, TV, aber auch Blogs) eine eigene Darstellung von Tatsachen vorzutragen. Es soll also eine Art “Waffengleichheit” zwischen dem Betroffenen und den Medien geschaffen werden.
Keinen Sinn macht dieser Anspruch daher bei Onlineforen oder im Rahmen von Social Media. Große Schwächen des Gegendarstellungsanspruchs sind zudem, dass der Sachverhalt noch einmal in die Wahrnehmung der Öffentlichkeit getragen wird und, dass kein Urteil darüber getroffen wird, welche Tatsachen denn nun tatsächlich der Wahrheit entsprechen. Es bleibt alleine dem Leser überlassen, welcher Darstellung er Glauben schenken mag.
Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts
Bei einer schuldhaften Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, die zu einem materiellen Schaden führt, kann Schadensersatz verlangt werden. Zentrale Anspruchsgrundlage ist dabei der § 823 BGB, da das APR als “sonstiges Recht” gilt.
Daneben können auch Ansprüche aus Kreditgefährdung (§ 824 BGB) und möglicherweise sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung (§ 826 BGB) infrage kommen.
Welche genauen Voraussetzungen erfüllt sein müssen, hängt von der Anspruchsgrundlage ab, auf die der Anspruchsteller sein Begehren stützen möchte bzw. kann. Grundsätzlich ist jedoch zu beachten, dass, neben dem stets erforderlichen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht, auch die Widerrechtlichkeit dieses Eingriff positiv festgestellt werden muss. Wie immer bei Äußerungsdelikten bedeutet dies, dass eine umfassende Abwägung aller Interessen anhand der Umstände des Einzelfalls vorzunehmen ist.
Bei Schadensersatzansprüchen aus § 823 Abs.2 BGB i.V.m. §§185 ff. StGB und solchen aus § 824 BGB sind insbesondere auch die sogenannten berechtigten Interessen des Anspruchsgegners gem. § 193 StGB und § 824 Abs.2 BGB zu beachten. Ferner sind die generell geltenden Grundsätze der Güterabwägung bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen heranzuziehen (Schutzsphäre, Meinungsfreiheit, öffentliche Belange, Informationsinteresse der Allgemeinheit, etc.).
Im Gegensatz zum Unterlassungs-, Beseitigungs- und Gegendarstellungsanspruch ist auch stets ein Verschulden des Anspruchsgegners erforderlich. Der erforderliche Grad des Verschuldens richtet sich grundsätzlich nach bürgerlich-rechtlichen Verschuldensbegriff (§ 276 BGB). Anderes kann gelten, wenn man seinen Anspruch auf die Verletzung von Schutzgesetzen im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB stützt, insbesondere Strafgesetze oder Ordnungswidrigkeiten. Dann gelten u.U. die dortigen Verschuldensmaßstäbe.
Den Schadensersatz kann der Verletzte auf drei verschiedene Weisen berechnen. Er kann einmal den konkret entstandenen Schaden nach der Differenzmethode berechnen (bspw. Verdienstausfall, Rechtsverfolgungskosten) oder nach der Lizenzanalogie oder er kann den Verletzergewinn herausverlangen. Schadensersatz in dieser Form kommt lediglich in Betracht, wenn vermögenswerte Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts betroffen sind. Dabei geht es beispielsweise um die unbefugte Nutzung von Namens-und Bildrechten zu Werbezwecken. Nur so kann man beispielsweise die Berechnung nach der Lizenzanalogie verstehen. Hier stellt man die Frage: Welche Lizenzgebühr hätten die Parteien ausgehandelt, wenn der Verletzte bereit gewesen wäre seinen Namen oder sein Bild zur Verfügung zu stellen? Dies wird gemäß § 287 ZPO durch das Gericht geschätzt.
Geldentschädigung für immaterielle Schäden
Geldentschädigung für immaterielle Schäden wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann geltend gemacht werden, wenn die ideellen Bestandteile der Persönlichkeit verletzt sind. Diese kommt aus Genugtuungs- und Präventionsgründen in Betracht. Ihr Zweck ist, zu verhindern, dass schwerste Verletzungen der menschlichen Würde und Ehre nicht sanktionslos bleiben. Daher unterliegt die Geldentschädigung einschränkenden Voraussetzungen.
Erstens muss es sich um schwere und schwerste Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht handeln, die zweitens nicht anders wiedergutzumachen sind. Das heißt, dass insbesondere Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche diese nicht hinreichend kompensieren können (LG Köln, Urteil vom 22.06.2011, Az. 28 O 30/11). Ob es sich um eine derartige schwere, anders nicht auszugleichende Verletzung handelt, muss wiederum an den Umständen des Einzelfalls festgemacht werden.
Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Geldentschädigung überschneiden sich im Übrigen mit den Voraussetzungen für die anderen Ansprüche. Das heißt, es muss ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Verletzten vorliegen, der als Ergebnis einer Interessenabwägung der Parteien als widerrechtlich anzusehen ist. Kriterien dieser Interessenabwägung sind wieder:
- Art,
- Tragweite,
- Bedeutung des Eingriffs,
- die verletzte Sphäre,
- Anlass,
- Motive,
- Häufigkeit der Verletzungshandlung,
- Grad des Verschuldens
(BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 – Az. VI ZR 211/12).
Herausgabe ungerechtfertigter Bereicherungen
Last, but not least, hat der Verletzte u.U. auch einen Anspruch auf die Herausgabe dessen, was der Verletzer durch Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrecht erlangt hat. Diesen Anspruch kann er auf die sogenannte bereicherungsrechtliche Eingriffskondiktion gemäß § 812 Abs.1 Satz 1, 2. Alternative BGB stützen.
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht wird durch die Rechtsordnung seinem Inhaber zugewiesen. Ungerechtfertigte Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht, bspw. durch die Verwertung von Bildern des Anspruchstellers, stellen einen rechtswidrigen Eingriff in dessen Zuweisungsgehalt dar. Die daraus resultierende Vermögensverschiebung wird durch die Eingriffskondiktion rückgängig gemacht (vgl. BGH, Urt. v. 26. Oktober 2006 – I ZR 182/04; NJW ‘07, 689).
Dein Kommentar
An Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns Deinen Kommentar!