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Falscher Versammlungsort kann Gesellschafterbeschluss anfechtbar machen

Wird ein Gesellschafterbeschluss am falschen Versammlungsort gefasst, so kann dies seine Anfechtbarkeit zur Folge haben. Der Versammlungsort darf nicht willkürlich gewählt werden. Das geht aus einer Entscheidung des OLG München hervor.

Der zugrundeliegende Fall

In dem zugrundeliegenden Fall wandte sich der Gesellschafter einer GmbH mit Sitz in München gegen mehrere in Frankfurt gefasste Gesellschafterbeschlüsse.

Die Satzung enthielt zum Ort der Gesellschafterversammlung keine Regelung und die Geschäftsführung hatte eine außerordentliche Gesellschafterversammlung in  Frankfurt angesetzt. In dieser sollte unter anderem über den Ausschluss des betreffenden Gesellschafters sowie über die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen gegen ihn beschlossen werden.

Schon vor der Versammlung und in dieser (in Frankfurt vertreten durch seinen Rechtsanwalt) beanstandete der in München wohnhafte Gesellschafter den Versammlungsort. Gleichwohl wurden auf der Versammlung mehrere Beschlüsse gefasst.

Es kam zum Rechtsstreit und die Gesellschaft vertrat die Ansicht, es habe in München corona-bedingt kein verfügbares Versammlungslokal gegeben. Deshalb habe man nach Frankfurt ausweichen müssen.

Das Urteil

Das OLG München gab jedoch dem klagenden Gesellschafter Recht. Lege die Satzung einer GmbH den Versammlungsort nicht fest, so habe die Gesellschafterversammlung am Sitz der Gesellschaft stattzufinden. Dies folge aus einer entsprechenden Anwendung von § 121 Abs. 5 des Aktiengesetzes (AktG).

Die Versammlung, so das OLG, hätte daher in München stattfinden müssen. Der falsch gewählte Versammlungsort Frankfurt führe zur Anfechtbarkeit der  gefassten Beschlüsse. Auch die Tatsache, dass der abweichende Versammlungsort mglw. keinerlei Auswirkungen auf den Inhalt der Beschlüsse gehabt habe, ändere daran nichts. Es reiche aus, als der klagende Gesellschafter in seinen Teilhaberechten verletzt sei.

Ausnahmen könnten z.B. gelten, wenn der abweichende Versammlungsort die Teilnahme nicht erschwert hätte. Da der Gesellschafter aber in München wohne, sei Frankfurt für ihn ungünstig erreichbar gewesen.

Auch in Fällen, in denen  ein Ausweichort gesucht werden müsse, weil z.B. keine geeignete Lokalität am eigentlich vorgesehenen Versammlungsort verfügbar sei, könnten ggf. Ausnahmen gelten.  Das sei hier aber auch nicht der Fall gewesen, so das OLG. Aufgrund des Gesetzes über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie, hätten, abweichend von § 48 Abs. 2 GmbHG, Beschlüsse der Gesellschafter in Textform oder durch schriftliche Abgabe der Stimmen auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter gefasst werden können. Damit habe der Gesetzgeber eine Abhilfe  geschaffen, durch die  eine Beschlussunfähigkeit einer GmbH verhindert werde. Dem Bedürfnis nach einem Austausch an Argumenten hätte dadurch nachgekommen werden können, dass der schriftlichen Stimmabgabe eine Videokonferenz vorausgegangen wäre. Die Notwendigkeit einer Versammlung in Präsenz an einem abweichenden Ort habe also nicht bestanden, befand das Gericht.

OLG München, Az 7 U 1995/21

Andre Kraus, Rechtsanwalt und Gründer der Anwaltskanzlei, ist Ihr Ansprechpartner in Sachen Gründung, Markenrecht, Reputationsschutz und Unternehmensrecht.